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Solo Travel-Diary numéro 2

Ferien machen liegt mir nicht so. Ich arbeite gerne und viel. Ab und zu senden mir mein Körper und mein Kopf dann kleinere oder grössere Signale, dass sie eine Pause benötigen. Und diese nehme ich mir diesen Sommer. Was bereits seit einiger Zeit auf meiner Bucketlist steht, wird nun umgesetzt: einen Monat in Südfrankreich – alleine.

Von Leila Alder

Jeden Morgen bringe ich meine aktuelle Gefühlslage auf Papier. Was auffällt: Seit einigen Tagen finden sich nur noch positiv konnotierte Adjektive auf den, vom nassen Badetuch aufgeweichten, Seiten meines Notizbuches. Worte wie «ruhig», «glücklich», «lebendig», «sicher», «entspannt» stehen da. Ich habe mich gefragt, was oder wer dafür verantwortlich ist und bin auf den Entschluss gekommen, dass die Antwort «Ich» lautet. Und vielleicht auch ein bisschen meine kleine neue Familie, die ich hier gefunden habe, die Geschichten jedes einzelnen, die Natur, der Wein und die Energie die sich durch die engen Gässchen der Altstadt schlängelt.

Nicht nur durch Nizzas Altstadt jedoch. Auch durch jene von Villefranche-sur-Mer. Eine kleine Gemeinde unweit von Nizza, mit Sandstrand und wie sich herausstellte, auch unglaublich gutem Essen, zum Beispiel im «Dry». Villefranche-sur-Mer ist von Nizza mit dem Zug in drei Minuten erreichbar – zu Fuss in zwei Stunden. Es lohnt sich jedoch diesen Weg auf sich zu nehmen, wenn man gut zu Fuss ist und bereit ist, drei Liter Wasser auszuschwitzen. Der Pfad führt am Meer entlang, durch unberührte Steinlandschaften und bietet einen Ausblick, den ich wohl nie vergessen werde.

Fährt man von Villefranche-sur-Mer noch etwas weiter, erreicht man den winzigen, luxuriösen Stadtstaat Monaco. Der Hauptteil Monte-Carlo, ist ein kleines Las Vegas, das mich wenig beeindruckte. Die Preise sind hoch, die Menschen bekümmert um ihr Image und die Gebäude hässlich. In der kleinen aber feinen Altstadt Monacos gefiel es mir etwas besser, doch auch diese fühlte sich irgendwie nicht ganz so authentisch an.

Wer Authentizität und den französischen Schriftsteller, Filmregisseur und Maler Jean Cocteau mag, ist in Menton, die letzte Gemeinde vor der italienischen Grenze, besser aufgehoben. Nebst jeder Menge Zitronenlimonade – Zitrusfrüchte sind da ein grosses Ding – findet sich in Menton nämlich das «Musée Jean Cocteau». Auf dem Rückweg von Menton nach Nizza kann man – muss man aber meiner Meinung nach nicht – einen Abstecher nach Cap d’Ail machen. Der Strand ist schön, ihn zu erreichen jedoch weniger und die Preise in den Strandrestaurants noch weniger – neuf Euro für ein Glas Kokosnusswasser.

Besuch aus Zürich: Ben, einer meiner besten Freunde nahm die Reise nach Nizza auf sich. Es war schön, ein bekanntes Gesicht zu sehen und ungewohnt, Schweizerdeutsch zu sprechen. Schnell wurde er in meine neue Familie integriert und gemeinsam feierten wir den letzten Abend von unseren Familienmitgliedern Nick und Elena – und zum ersten Mal seit langem spürte ich einen Funken Traurigkeit in mir und einmal mehr wurde mir klar, dass alles Schöne irgendwann endet. Ich war traurig, aber zugleich dankbar – so unglaublich dankbar für diese Begegnungen.

Viel Zeit zum trauern blieb mir jedoch nicht. Ben und ich hatten Pläne. Wir wollten nach Antibes fahren und den Pool im «Hotel du Cap Eden-Roc», den Slim Arons 1976 so wundervoll auf einem Foto festgehalten hat, aufsuchen. Wir schafften es bis ins Hotel, tranken Coca Zero für douze Euros und sneakten uns in den Gästebereich. Bis zum Pool kamen wir leider nicht, die Reise war es aber trotzdem wert – Antibes hat Charme.

Doch bei aller Liebe für Cocteau, krasse Ausblicke, schöne Strände, Slim Arons und douze Euros für eine Cola; mein Herz gehört Nizza. Vor Ort erlebten wir nämlich nicht wenig: Pizza-Dinner am Strand, LGBTQ+ Party in der Rue Bonaparte, Besuch der «Villa Masséna» und des «Musée Matisse», zahlreiche Drinks und Schachpartien im «Bella Ciao», Happy Hours im «Per Lei», ein ausgezeichnetes Dinner im «La P’tite Cocotte» und jede Menge unvergessliche Momente und Gespräche. Gespräche und Momente, die sich nicht anfühlten, als würden wir uns erst seit einigen Wochen kennen.

Zu fünft sassen wir nun noch da – Carlos, Emily, Ana, Michael und ich. Melancholie lag in der Luft, das Abschiednehmen rückte gefährlich nah. Und so wurden Pläne geschmiedet, wann wir uns wiedersehen werden, weil es den Abschied irgendwie leichter macht. Oder weil die Zeit hier einfach so schön war, dass wir uns alle wünschten, dass sie nie enden wird.

Dann standen wir da – Carlos und ich am Flughafen – und warteten auf unsere Flüge. Seiner nach Málaga, meiner nach Zürich. Ein letztes Mal Socca, ein letzes Mal l’addition bestellen, eine letzte Umarmung, viele Tränen und ganz viel Dankbarkeit.

Update zum Gratis Tipp: Hotel Tour de la Ville – liebstes Personal, tollste Location!

Erwähnte Food-, Ausflug- und Drink Tipps: Dry, Musée Jean Cocteau, Hotel du Cap Eden-Roc, Villa Masséna, Musée Matisse, Bella Ciao, Per Lei, La p’tite Cocotte

27. August 2022

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