Wer liebt sie nicht, die TikTok-Trends? Einer, der es schlussendlich in die gesamte Social-Media-Verse geschafft hat, ist die Frage, ob gewisse Frauen «pick-me girls» oder «girl’s girls» sind. Nicht nur in den sozialen Medien wird das heiss diskutiert: Wer ist internalisierter Misogynie zum Opfer gefallen?
Fangen wir mit der Begriffsdefinition an:
Pick-me girls: Frauen, die auf subtile oder auch nicht ganz so subtile Art und Weise andere Frauen schlecht reden. Ob das offensichtliche Seitenhiebe sind, oder auch versteckt hinter selbstbezogenen Offenbarungen: Es stinkt nach Frauenfeindlichkeit. Ein paar Beispiele zum Verständnis: «Ich bin nicht wie andere Frauen, ich schminke mich gar nicht.» «Ich verstehe mich viel besser mit Männern als mit Frauen.» «Frauen sind so dramatisch, das mag ich gar nicht.» «Ich bin viel lockerer als andere Frauen, ich sehe alles ganz entspannt.» ALARMGLOCKEN! Es wird zwar nicht wörtlich gesagt «Ich finde Frauen doof», die Haltung bleicht aber dieselbe.
Was ist die Intention? Andere Frauen schlechter reden, damit man selbst besser dasteht? Uncool. Und gefährlich. Dieses «Anders-Sein» hat nichts mit Individualismus zu tun. Es hat auch nichts mit persönlichen Interessen, Haltungen und Werten zu tun. Es geht lediglich darum, die Wahrnehmung anderer zu steuern, auf Kosten anderer Frauen. Definition? Frauenfeindlichkeit von Frauen. Besonders oft wird Femininität kritisiert.
Ich habe übrigens auch dazu gehört. Mit Pink und Glitzer hätte mich meine Mutter jagen können. Sie war nicht einmal selbst scharf auf das Ganze, meine Abneigung war aber übertrieben. In Retrospektive kann ich sagen: Ich wollte nicht als «dieses Mädchen» wahrgenommen werden. Aber wieso denn nicht? Was ist so schlimm am Tussi-Sein? Frau sein heisst nicht, pink zu tragen. Jede Frau definiert ihre Weiblichkeit selbst. Aber Femininität zu verabscheuen, egal in welcher Form sie kommt? Das ist, wie gesagt; feindlich.
«Du bist nicht wie andere Mädchen» war für mich lange das beste Kompliment von Männern. «Wow! Ich bin viel besser und hebe mich ab, weil wie andere Frauen sein – das wäre schlecht!» Jetzt finde ich diese Gedankengänge ekelhaft. Ist doch cool, wenn ich wie andere Frauen bin? Andere Frauen sind weder meine Konkurrenz, noch ein schlechtes Beispiel, welches ich auf keinen Fall nachahmen will. Besonders die Frauen in meinem Umfeld, aber auch darüber hinaus, sind eine riesen Inspiration und formen mich täglich zu der Frau, die ich bin. (Ja, die Männer in meinem Umfeld und auf der ganzen Welt auch.)
Das Gegenteil von pick-me girls sind eben girl’s girls. Diese Frauen sind nicht nur Verbündete, versuchen anderen Frauen das Leben nicht zu erschweren, sondern scheuen nicht, sich den Stereotypen zu bedienen, wie es ihnen mal passt. Margarete Stokowski spricht in «Untenrum frei» über diesen wichtigen Aspekt: Rollenbilder sind an sich nichts Schlechtes. Es muss jedoch jedem Menschen freistehen, wie sie sich von diesen distanzieren oder eben diesen hingeben wollen.
Ich habe in meinem Umfeld tolle Frauen, tolle Männer, tolle Menschen. Eins haben alle gemeinsam: wir versuchen unsere internalisierte Misogynie, die wir wahrscheinlich alle mit uns tragen, aktiv zu erkennen und unsere Haltungen entsprechend anzupassen. Es fängt bei den vermeintlich banalen Sachen an: wie könnten meine «harmlosen» Aussagen das Bild von anderen zerstören? Ich wünsche allen eine Horde girl’s girls im Umfeld, es macht das Leben gewiss besser.
09. September 2023