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Ein Gefühl von auch statt anders: «Akesi and the Congo River»

Die animierte Doku-Fiction-Serie über einen kongolesischen Jungen ist auf den Filmfestivals dieser Welt unterwegs. Die Trilogie schafft Bewusstsein, ohne dabei «eco-anxiety» zu verstärken; lehrt Inklusion statt Ausgrenzung; pflanzt Ideen ein statt zu «overexplainen». Und selbst zwischen sensiblen Themen bleibt durch die Star-Hosts noch Platz für Humor. Eva Vonk, die zusammen mit Stefanie Plattner das Multimedia-Kollektiv «TALES» leitet, gibt spannende Einblicke.

Von Janine Friedrich

«TALES» ist eine gemeinnützige Produktionsfirma, deren Fokus auf Geschichten von Menschen und Orten auf der ganzen Welt liegt. Über visuelle und audiovisuelle Medienformate werden diese Geschichten auf eine mitreissende Art erzählt und rücken zudem das Zusammenspiel von Kultur, Gemeinschaft und Natur in den Vordergrund. Durch geschicktes Vereinen von Storytelling, Kunst, Bildung und Technologie zeigt die Non-Profit-Organisation sowohl Kindern als auch Erwachsenen neue Wege auf, um unsere vielfältige Welt besser zu verstehen. Die ersten Projekte von TALES – das Buch «Congo Tales» und der Kinderfilm «The Little Fish and the Crocodile» – konnten der Öffentlichkeit bereits den kongolesischen Regenwald, die dort lebenden Völker und ihre Mythologien näherbringen. Die Publikationen boten damit den Menschen aus dem Mbomo-Distrikt der Republik Kongo eine Plattform und wirkten so dem Vergessenwerden von Gemeinschaften wie diesen entgegen. Gleichzeitig schärften sie das Bewusstsein der Zuschauer:innen für die Wichtigkeit des Kongo-Regenwaldes und dessen Schutz.

Inmitten der globalen Pandemie liess sich das TALES-Team von der sich stets verändernden Welt inspirieren, wodurch die dreiteilige animierte Doku-Fiction-Serie «Akesi and the Congo River» (dt. Titel: «Akesi und der Fluss Kongo») entstand. Die Trilogie handelt vom achtjährigen kongolesischen Jungen Akesi aus der Hauptstadt Brazzaville, der gerade versucht den Tod seines Bruders zu verstehen. Auf der Suche nach Antworten wird der Junge von dem magischen Totemtier seiner Familie – einem verspielten Gecko – zum Fluss Kongo geführt. Der Fluss gibt ihm wichtige Weisheiten mit auf den Weg und schickt Akesi und seinen tierischen Begleiter weiter auf eine mystische Reise in den Regenwald. Auf dieser sammelt der Achtjährige wertvolle Lebenserfahrungen und erkundet die Schönheit und Vielfalt der Kulturen und der Ökosysteme um ihn herum. Von den Ureinwohnern lernt Akesi etwas, was ihm schliesslich hilft Frieden mit dem Tod seines Bruders Momboti zu schliessen. Auch die spannende Geschichte der beiden Kongos (Republik Kongo mit der Hauptstadt Brazzaville und Demokratische Republik Kongo mit der Hauptstadt Kinshasa) wird genauer unter die Lupe genommen. Akesi kann das Geschehen in den Ländern rückblickend beobachten und so begreifen, was seine Vorfahr:innen erlebt haben. Er versteht, dass er die Vergangenheit nicht mehr ändern kann und lernt, wie wichtig Ehrlichkeit und Vertrauen, aber auch Mut und Hoffnung sind. Dadurch schafft es Akesi schliesslich, sich seinen Ängsten zu stellen und für seine Schwester und sich selbst einzustehen.

Das Besondere an der Serie ist die dynamische Kombination aus Animation und Doku, welche das Engagement der jungen Zuschauer:innen aufrechterhält. Mithilfe von Greenscreens führen bekannte Moderatorinnen und Moderatoren zuschauende Kinder durch Akesis Welt und die packende Geschichte seines Heimatlandes. Über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg, bringen die Star-Hosts ihnen auf diese Weise Kultur, historische Fakten über die Kolonialisierung und die Bedeutung des Umweltschutzes näher.

Die Trilogie ist in fünf Sprachen verfügbar und wird von den folgenden internationalen Grössen moderiert: Sasheer Zamata (Englisch), Akwasi (Niederländisch), Tedros Teddy Teclebrhan (Deutsch), Gaz Mawete (Lingala) und Jeny Bosenge (Französisch).

Wir haben Eva Vonk, Geschäftsführerin und Mitbegründerin von «TALES» zum Gespräch getroffen.

Was war wichtig bei der Wahl der Moderierenden?

Eva: Bei der Auswahl unserer Star-Hosts, wie Teddy Teclebrhan für die deutsche Version, standen ihr Charisma und ihr Engagement im Mittelpunkt – insbesondere während der herausfordernden Pandemiezeit, in der wir die Serie produzierten. Wir suchten nach Personen, die selbst auf dem Höhepunkt der globalen Unsicherheiten kontinuierlich mit ihrem Publikum interagierten, sie motivierten, aufmunterten und zum Lachen brachten. Teddy verkörperte diesen Geist, indem er seinen Fans stets und mit viel Enthusiasmus unterhaltsame und positive Inhalte lieferte. Wir waren hocherfreut, als er unserer Anfrage zustimmte! Dieses Gefühl gilt für alle unsere Moderierenden, die nicht nur wegen ihres ausserordentlichen Talents, sondern auch wegen ihrer echten Leidenschaft für ihr Handwerk ausgewählt wurden. Obwohl nicht alle von ihnen in erster Linie Inhalte für Kinder erstellen, übt es dennoch eine unbestreitbare Anziehungskraft aus, wenn renommierte Persönlichkeiten über Themen diskutieren, die nicht zu ihrem üblichen Bereich gehören, aber für das globale Bewusstsein von immenser Bedeutung sind.

Durch die Serie können sich Kinder kongolesischer Herkunft – egal, wo sie sich befinden – mit ihren Wurzeln verbinden. Doch auch für Kinder ohne spezifischen Bezug zum Kongo sind Inhalte wie diese wichtig. Warum?

Oftmals lernen wir schon früh im Leben, Unterschiede zu machen. Werden Kinder allerdings mit verschiedenen Realitäten konfrontiert, können sie verstehen, dass das Leben viele Facetten hat. Gerade in der Kindheit ist es also wichtig, Inklusion statt Ausgrenzung zu lehren. Wir bei «TALES» schaffen deshalb Inhalte, die ein Gefühl des «auch» statt des «anders» vermitteln. Die Aufklärung von Kindern und auch Erwachsenen über andere Kulturen fördert Verständnis, Empathie, Anpassungsfähigkeit, globales Bewusstsein und Toleranz. Sie erweitert die Perspektiven und hebt die Bedeutung des kulturellen Austauschs hervor. Im Wesentlichen unterstützt die kulturelle Bildung die ganzheitliche Entwicklung der Kinder und bereitet sie auf eine vielfältige, miteinander verbundene Welt vor. Im Gegensatz dazu schafft das «Othering» Spaltungen und verstärkt Stereotypen und Vorurteile. Es entfremdet und wertet Menschen aufgrund von wahrgenommenen Unterschieden ab, was das Einfühlungsvermögen und die Wertschätzung für unterschiedliche Kulturen hemmt. Solche Vorurteile können bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben und gesellschaftliche Missverständnisse fördern.

Auch die Umwelt ist ein Thema. Soll die Trilogie die nächste Generation von Aktivist:innen aufklären, indem das Bewusstsein für die Dringlichkeit vom Schutz des Kongo-Regenwaldes geschärft wird?

Ja und nein. Ja, «Akesi and the Congo River» dient dem Bildungszweck und betont die Notwendigkeit, unsere natürlichen Lebensräume wertzuschätzen und zu schützen. Doch wir bei «TALES» sind uns nicht nur bewusst, sondern auch zutiefst besorgt darüber, dass bei der heutigen Jugend vermehrt Umweltangst («eco-anxiety») auftritt, was die Psyche sehr stark belasten kann. Angst basierte Botschaften würden dies nur noch verschlimmern. Deshalb: Es ist zwar essenziell, Kindern Wissen zu vermitteln, doch wollen wir die Last des Aktivismus keinesfalls allein auf ihre Schultern legen. Vielmehr ist unser Anspruch, dass das heutige Verständnis für Umweltverantwortung für sie zum Ausgangspunkt von morgen wird. Da die Medien die Weltanschauung von Kindern stark beeinflussen, ist es unsere Pflicht ein ausgewogenes Gefühl von Sinnhaftigkeit, Tatkraft und Hoffnung zu vermitteln. Wir wollen sie inspirieren und informieren, ohne sie dabei mit den weltweiten Herausforderungen zu überfordern.

Inspirieren und informieren, aber nicht überfordern. Der Ansatz war bei Themen wie Tod oder Kolonialisierung sicher ähnlich. Was ist das Geheimnis für diesen gesunden Mix?

Ich glaube, dass die Stärke unserer Kurzgeschichten in ihrer einzigartigen Mischung aus magischem Realismus und zentralen (historischen) Wahrheiten liegt. So verlockend es auch war, die Themen zu «beschönigen», haben wir uns stattdessen für einen fesselnden Ansatz entschieden. Wir wollten auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass es sich bei der Serie um getarnte Unterrichtsstunden handele. Unsere Autor:innen und Fachberater:innen gingen sehr geschickt mit den sensiblen Themen um: Sie sorgten dafür, dass die Erzählungen subtil, aber dennoch wirkungsvoll waren, indem sie Ideen einpflanzten, anstatt sie zu sehr zu erklären («overexplain»). Zudem sind unsere Moderatorinnen und Moderatoren unglaublich talentiert, wenn es darum geht, humorvolle Momente einzustreuen, um für Auflockerung zu sorgen.

Wann und wo kann man «Akesi and the Congo River» schauen?

Die Serie wird zunächst über spezielle Events auf der 2024 erscheinenden «WoU.Game»-Plattform von «TALES» verfügbar sein. Auch wenn unser unmittelbarer Verbreitungsschwerpunkt und Vertriebsfokus auf Zentralafrika liegt, arbeiten wir derzeit an einem Ausstrahlungsplan für europäische Länder, insbesondere für die deutsche Version. Wir sind sehr gespannt auf das Potenzial der verschiedenen Sprachversionen. «TALES» sucht ausserdem aktiv nach weiteren Möglichkeiten, um diese Serie zu präsentieren – zum Beispiel auf internationalen Filmfestivals oder Medienevents. Wenn also jemand Ideen hat, auch für den weiteren Vertrieb, haben wir immer ein offenes Ohr dafür.

Die Serie richtet sich an Kinder ab acht Jahren, da sie in diesem Alter beginnen, Mitgefühl und Empathie wirklich zu verstehen. Für jüngere Zuschauer:innen können die tiefgreifenden Themen, obwohl sie lehrreich und spannend sind, noch zu intensiv sein. 

11. Oktober 2023

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