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Die geplatzte Bubble

Früher haben wir uns auf Lorbeeren ausgeruht, jetzt machen wir es in der eigenen Bubble. Dort ist es bequem, sicher und garantiert nicht toxisch. Bis wir merken, dass die Realität ganz anders aussieht. Wie wir unseren Confirmation Bias überlisten können und damit weiterkommen.

Von Carla Reinhard

Habt ihr euch auch einen eigenen Safe Space aufgebaut? Seid auf Instagram allen Profilen entfolgt, die euch nicht guttun und vertieft keine Freundschaften mehr mit Menschen, die moralisch und interessentechnisch nicht auf der gleichen Wellenlänge sind? Wunderbar, denn unsere mentale Gesundheit profitiert davon. Nur: Diese Safe Spaces katapultieren uns mitten in eine bequeme Bubble. In eine Blase, die unsere Vorstellung der Welt verzerrt. 

Plötzlich sind alle überzeugt von mehr Klimaschutz, von einer Elternzeit, von der Ehe für alle. Im Freundeskreis wird diskutiert, wie man sich für die geteilten Anliegen einsetzen kann. Dass andere nicht davon überzeugt sein könnten, erübrigt sich. Den Gegenstimmen begegnet man nur in den Kommentarspalten von 20 Minuten und Nau – und dort will man sie eigentlich lieber ausblenden. 

Social Media verstärkt dieses Phänomen, das wurde bereits wissenschaftlich untersucht, besonders im Zusammenhang mit Fake News. Die Plattformen nutzen den sogenannten «Confirmation Bias», also davon, dass wir lieber sehen und lesen, was unsere eigene Meinung bestätigt. Durch den eingebauten Algorithmus merken sie, was uns gefällt und zeigen uns ähnliche Inhalte, damit wir bis in die Unendlichkeit scrollen. Es funktioniert. Und geht solange gut, bis die Bestätigungsblase im realen Leben platzt. Dann nämlich, wenn das Co2-Gesetz abgelehnt wird, obwohl gefühlt alle dafür waren. Dann, wenn ein neuer (junger) Bekannter plötzlich sagt, er wisse noch nicht, wie er bei der Ehe für alle im September abstimme. 

Dann fällt eine kleine, heile Welt zusammen, die wir uns mithilfe von Algorithmen aufgebaut haben. Eine heile Welt, die uns eigentlich vor toxischen Diskussionen und Meinungen, mit denen wir nichts zu tun haben wollen, schützen soll. Wie können wir also die Balance zwischen einem Safe Space, der uns Komfort und Verbundenheit schenkt, und der manchmal harschen Realität finden? Wahrscheinlich am ehesten mit offenen Augen und Ohren für andere Sichtweisen – natürlich immer mit einer ganz klaren Grenze für alles Rassistische, Sexistische und Homophobe.

Lässt man sich auf Gespräche und Inhalte ein, die nicht vom «Confirmation Bias» beeinflusst wurden, fällt man nämlich weicher, wenn die eigene Bubble platzt. Und: Es bringt dem eigenen Anliegen viel mehr, wenn man Menschen ausserhalb der bequemen Pro-Blase erreicht. Allein das sollte genug Motivation sein, sich einen Schritt rauszuwagen.

18. August 2021

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