Das Schweizer Junglabel «Casella Meyer» feiert mit der kommenden Jubiläumsedition der Mode Suisse am 30. August 2021 ihr Teilnahme-Debüt. Getrieben von der intrinsischen Motivation Mode als Ausdrucksmittel neu zu überdenken, definieren sie nicht nur Luxus teils neu, sondern repräsentieren auch eine Menge immaterieller Wertvorstellungen. Dabei überzeugen die beiden Creative Directors Rico Zeindler und Tobias Häusler nicht nur mit feinster Verarbeitung und feinsten Materialien, sondern auch mit geschickter Positionierung am Puls der Zeit. Wir haben uns mit dem Kollektiv Casella Meyer über ihre Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ausgetauscht.
Wer seid ihr hinter dem Kollektiv heute und wer wart ihr einmal?
Wir sind hauptsächlich zwei Gestalter und Designer. Als Kollektiv in der Mode versuchen wir unsere Kreationen so authentisch wie möglich zu gestalten. Dafür versuchen wir unsere Intuition, Neugier und Fantasie zu verbinden. Die Kombination aus Textilhandwerk und Textilveredelung liegt klar im Fokus. Die Neugier Neues zu kreieren, manifestiert sich in der Entwicklung unserer Prototypen. Haptik, Ästhetik & Komfort sollen als Einheit funktionieren.
Und wer werdet ihr einmal sein?
Das wird die Zeit zeigen. Wir versuchen so gut es geht bewusst in der Gegenwart zu leben. Natürlich träumen wir davon einmal von unserer Arbeit leben zu können.
Es lässt sich beobachten, dass sich Luxus gesamtgesellschaftlich teils immer mehr in die Richtung der Immaterialität verschiebt. Was bedeutet Luxus für euch?
Die Bedeutung von Luxus ist sehr kontextabhängig. In einem wirtschaftlichen System wird Luxus durch Exklusivität und die Bereitschaft einen gewissen Betrag für ein Produkt oder eine Dienstleistung auszugeben bestimmt. Davon losgelöst bedeutet Luxus für uns, unsere Zeit so unabhängig als möglich zu gestalten. Einer Arbeit nachgehen zu dürfen, welche uns erfüllt. Uns mit Menschen auszutauschen und neues zu lernen.
Eure Marke verkauft zwar materielle Produkte, doch sie steht auch für eine ganze Menge immaterieller Werte. Für welche Werte steht ihr ein?
Toleranz und Respekt ist unser Fundament. Dazu gehört die Gleichstellung bezüglich Herkunft, Geschlecht, Religion, Alter und die soziale Schicht. Werte wie Vielfalt und das Inkludieren von Menschen ist uns wichtig. Wir haben eine soziale Verantwortung und wir möchten dieser gerecht werden. Ausserdem glauben wir daran, dass das Vermischen und Verbinden von verschiedenen Kulturen die Welt erst richtig interessant macht und auch weiterbringt.
Was versteht ihr unter der von euch festgehaltenen «Intimacy of the street?»
Es ist ein Platzhalter für unsere Leben an sich. Wir sind zwei sehr neugierige Menschen. Oft sind wir von der Intuition getrieben und entdecken Orte und treffen Menschen, welche uns anregen und inspirieren. Es sind diese vermeintlich unscheinbaren Momente, welche für uns eine neue Welt öffnen. Darin liegt für uns sehr viel Kraft und Energie, um Casella Meyer weiter voranzutreiben.
Das Spiel mit Identität, Gender und Bräuchen mit einem Hauch von Skurrilität spiegelt sich in den Stücken von Casella Meyer wider. Inwiefern versucht ihr diese fluiden Prozesse in euren Kreationen einfliessen zu lassen?
Wir wollen mit Casella Meyer eine Alternative zu Brands sein, welche sich durch Status, Massenproduktion und Kapital definieren. Wir wollen veraltete und überholte Strukturen brechen und neu darstellen. Uns geht es um mehr als nur Kreieren. Casella Meyer ist für uns Teil einer neuen Welt.
Wie hatte die Pandemie einen Einfluss auf euer Schaffen und die Zusammenarbeit?
Die Pandemie hat uns die Möglichkeit gegeben uns auf das zu fokussieren, was wir gerne machen und für was wir eine Leidenschaft pflegen. Wir haben unsere Vision am Anfang der Pandemie entwickelt und die Pandemie und deren Folgen haben uns sicher indirekt beeinflusst. Wir haben durch diesen Zustand den Mut und die Entschlossenheit gefunden voll und ganz unseren Weg zu gehen und haben Casella Meyer gegründet.
Zahlreiche Erscheinungen der 90er Jahre erleben gerade wieder ein Revival, so wohl auch die Airbrush Technik? Was denkt ihr zu dieser Rückbesinnung auf die 90er Jahre?
Die Airbrush Technik hat in der Gestaltung eine sehr lange und komplexe Geschichte. Sie ist seit langem, wichtiger Bestandteil verschiedener Kulturen.
Von Folkart bis zu Popkultur ist Airbrush überall zu finden. Auch im textilen Bereich hat die Technik eine durchaus lange Geschichte, welche viel weiter zurückgeht als nur bis zur Hip-Hop Ära der 90er. Deswegen glauben wir, dass wir uns bei diesem Thema nicht zwingend in einem Revival der Neunziger befinden. Für uns geht es hier um einiges mehr.
Für den «Friendship» Drop habt ihr ja primär mit Airbrush auf verschiedenen Materialien wie Seide und Samt gearbeitet. Welche Verarbeitungstechniken und Materialien erwarten uns im nächsten Drop?
Die Grundlage für viele Designentscheide wird bei uns sehr oft beim Airbrushen entwickelt. Formen und Typografische Elemente entspringen immer Airbrush-Designs. Allerdings versuchen wir die Ästhetik, welche dabei entsteht mit anderen Veredelungsmethoden neu zu interpretieren. Was dabei rauskommt wird man im nächsten Drop zu sehen bekommen.
Was haltet ihr von der Schweizer Modelandschaft?
Es gibt nicht viele Labels die uns persönlich ansprechen. Jedoch spüren wir eine Umbruchstimmung – ich glaube das könnte sich in Zukunft ändern.
Und was können wir an der Edition 20 der Mode Suisse von euch erwarten?
Wir werden unseren Fokus von Material und Handwerk in Form einer Performance hervorheben und zeigen. Mehr wollen wir nicht verraten.
27. August 2021