Ohne allzu viel zu verraten und mit ein paar spannenden Takes aus der Reggae-Szene, soll dieser Artikel sowohl Bob-Marley-Fans als auch all denen, die es womöglich noch werden, Lust auf seine erste und einzige Filmbiografie machen. Geht mal wieder ins Kino und öffnet eure Herzen für all die guten Vibes! Lohnt sich!
Reinaldo Marcus Green, der für das Oscar-nominierte Filmdrama «King Richard» bekannt ist, führte auch bei «Bob Marley: One Love» Regie. In Zusammenarbeit mit der Marley-Familie produziert und mit bester Besetzung der Hauptfiguren (Kingsley Ben-Adir und Lashana Lynch), stellt der Film Marleys Musik und ihn als Bote für Frieden und Liebe in den Vordergrund. Dabei widmet sich das Biopic einem bestimmten Lebensabschnitt von Bob Marley – in den späten 70er-Jahren. Während dieser Zeit kam es in Jamaika zu einem brutalen Bürgerkrieg. Um ein Zeichen gegen vermehrt vorkommende politische Gewalt vor Ort zu setzen, wurde ein Friedenskonzert geplant, für das auch Bob Marley zusagte. Nur wenige Tage vor dem Auftritt wurden er, seine Frau Rita und sein Manager Don Taylor jedoch Ziel eines Anschlags – vermutlich aufgrund seiner Mitwirkung bei dem «Smile Jamaica» Friedenskonzert. Glücklicherweise, wenn auch mit teils schweren Schussverletzungen, überlebten alle drei. Marley selbst, der nur leichte Verletzungen erlitt, stand zwei Tage später – wie erwartet – auf der Bühne, um für Frieden und Einheit zu singen und die Menschen zusammenzubringen.
Die Entscheidung, sich auf ausgewählte und einschlägige Momente im Leben von Bob Marley zu fokussieren, macht absolut Sinn: Seine gesamte Lebensgeschichte ist – trotz seines sehr frühen krankheitsbedingten Todes im Jahr 1981 – viel zu komplex und facettenreich, als dass sie in einem einzigen Film erzählt werden könnte.
Das sieht auch Sweggae-Künstler Patrice so: «Es ist unmöglich, Bob Marley in einem Lied oder einem Film gerecht zu werden.» Anlässlich der Filmbiografie zollte er seiner grössten Inspiration mit seiner musikalischen Hommage Respekt und vertonte den Songklassiker «One Love» in Marleys Tuff Gong Studio in Kingston neu. «Es ist jedoch möglich, jemanden zu ehren, der der Welt und mir selbst so viel gegeben hat und immer noch gibt. Genau deshalb habe ich diesen Song gemacht. Bob Marley hat mein Leben verändert», erzählt er weiter. Patrice Akustikversion berührt nochmal auf einer ganz anderen Ebene. Sie schlägt in einer besonderen Art eine Brücke zwischen zwei Welten und Zeiten, wo dennoch so vieles gleich ist: Die Geisteshaltung der beiden Künstler und ihre Vision von einer friedlichen Welt. «Dieser Film wird Bob Marley und seine Botschaft, die heute mehr denn je gebraucht wird, einer ganz neuen Generation von Menschen vorstellen.»
Der Reggae- und Dancehall-Künstler Cali P ist ebenfalls der Meinung, dass das Medium Film vor allem die junge Generation nochmal ganz anders abhole. Sicher auch, weil Marleys Message heutzutage auf einer tieferen Ebene mit ihnen resoniert. «Die Leute stellen sich mehr Fragen, sind wacher, bewusster. Und Bob Marley ist jemand, der eben genau das in anderen erweckt. Die Texte sind zum Teil ja sehr seriös und sozialkritisch und feiern gleichzeitig jeden einzelnen Tag und die Vereinigung von Menschen», meint der gebürtige Zürcher. Das, was Bob Marley in die Welt hinausgetragen hat, ist auch heute noch so kraftvoll, dass es nicht verwunderlich ist, dass er über jede Landesgrenze hinaus so geliebt wird. Die wunderbar nachgestellten Konzertszenen im Film erinnern daran, wie nachhaltig Musik die Welt und unsere Herzen bewegen kann.
Nichtkenner:innen bekommen also einen fesselnden, kleinen – und trotzdem ausreichenden – Einblick in das Universum von Bob Marley, seine sensationelle Karriere, sein künstlerisches Genie und sein bedeutsames Wirken für die Menschheit. Auch seine Zeit im Exil in London, seine Liebe zum Fussball, die Untrennbarkeit seines Rastafari-Glaubens von der Musik sowie Konversationen mit seiner Frau und seinen Kindern werden in verschiedenen Szenen untergebracht.
Kenner:innen erfahren natürlich nichts Neues über die Ikone, doch das ist auch nicht so wichtig. Warum, bringt Cali P gut auf den Punkt: «Seit jeher studiere ich Bob Marleys Musik und sein Leben, lese jedes Interview, und schaue mir Aufnahmen von ihm an. Ich denke, man wird den Menschen nie genug Informationen über ihn geben können, weil zwei Stunden dafür einfach nicht reichen. Egal, was man in die Geschichte reinpacken würde, irgendjemandem würde immer etwas fehlen.»
Viel wichtiger ist nämlich, dass die Filmbiografie den Vibe wieder aufleben lässt, den man mit dem King of Reggae verbindet. Und das tut sie allemal! Klar, am Ende schaut das Biopic jede:r Zuschauer:in durch die eigene Brille, und das ist auch okay. Für die einen ist die Verehrung von einem Musiker wohl zu übertrieben, für manche fehlt etwas (absurderweise vor allem die «schlechten» Seiten von ihm) und für wieder andere kann Bob Marley, der viel Gutes mit einer wertvollen Intention für die Menschheit geschaffen hat, gar nicht genug zelebriert werden. Aber hey, es ist ein audiovisuelles Denkmal einer Ikone. Natürlich steht das Positive im Vordergrund: Eben das, woran sich alle gern erinnern möchten. Am Ende war er auch nur ein Mensch, der Fehler macht und Schwächen hat; und trotzdem hat er so ein kostbares Erbe an die Nachwelt hinterlassen. Darauf kommt es an. In diesem Sinne, Jah bless.
15. Februar 2024