Über drei Tage verteilt, gibt es im Houdini insgesamt 19 Filme zu sehen – darunter Spielfilme, Dokumentarfilme und Kurzfilme – die Schwarze Erzählungen und Erfahrungen in den Mittelpunkt stellen. Filme, die unverfälschte Kunst präsentieren mit Geschichten von verschiedensten Kontinenten, die neue Perspektiven aufmachen, unter die Haut gehen, zum Nachdenken anregen und vielfältige Botschaften mit sich bringen. Poetische Dialoge, die nachklingen und eine Bildsprache, die im Kopf bleibt, entführen ein breites Publikum in neue Welten. Auf der Palette der Emotionen und Haltungen wird so gut wie nichts ausgelassen – ob scharfer Zynismus, ermutigende Akzeptanz oder vertrauensvolle Zuversicht. Die Filme behandeln ein grosses Spektrum an Themen unserer heutigen Welt und vereinen dabei komplexe Sichtweisen, Out of the box-Denken und Tiefgang.
«Schwarz» ist in diesem Fall eine sozio-politische Selbstzuschreibung, welche von Menschen genutzt wird, die mit der afrikanischen oder Afro-Diaspora verknüpft sind. Das bewusst grossgeschriebene «S» dient dabei zum einen der Abgrenzung des Begriffs zur Hautfarbe, denn auch «sehr helle» Menschen können die Selbstbezeichnung «Schwarz» wählen. Darüber hinaus ist es vor allem ein Mittel zur gesellschaftlichen Positionierung und Emanzipation in der von weissen Menschen dominierten Hierarchie. Es geht um weitaus mehr, als die kollektive Erfahrung Schwarzer Menschen, von Rassismus negativ betroffen zu sein. Auch weiss, klein und kursiv geschrieben, bezeichnet in diesem Kontext nicht die Hautfarbe, sondern vielmehr eine Ideologie. Damit gemeint ist die gesellschaftspolitische Machtposition der weissen Mehrheitsgesellschaft, die eine vermeintliche Norm darstellt.
Die ganze Debatte um den Hashtag #OscarsSoWhite, initiierte im Jahr 2015 die Aktivistin und Autorin April Reign und brachte dadurch einiges ins Rollen, wenn auch langsam. Sie kritisierte damals, dass keine:r von den 20 für den Oscar nominierten Schauspieler:innen Schwarz war.
Vier Jahre später riefen Sarah Owens, Ania Anna Mathis und Rispa Stephen das Black Film Festival Zurich mit der ersten Ausgabe 2019 ins Leben. Mittlerweile ist das Team auf acht Personen gewachsen.
Rispa Stephen, Zuständige für die Öffentlichkeitsarbeit und das Fundraising vom Festival, sagt: «Solange es noch nicht selbstverständlich ist, dass man im Kino Filme von Schwarzen Filmschaffenden schauen kann, solange braucht es das Black Film Festival Zurich und solange braucht es uns. Als wir 2019 die erste Ausgabe auf die Beine gestellt haben, war es schon höchste Zeit, dass Zürich auch eine Plattform bekommt, um mehr Diversität in die Filmwelt zu bringen.»
Die anfängliche Hauptmotivation der drei Gründerinnen war genau das: Es hat keine oder nur sehr wenig Filme von Schwarzen Filmemacher:innen im Kino. Es ist in den letzten Jahren zwar schon mehr geworden, doch da ist definitiv noch Luft nach oben. Denn, wer entscheidet überhaupt, welche Filme es in die Kinos schaffen? Wer entscheidet, welche Filme eine Nominierung für die Oscars verdient haben? Es sind eben hauptsächlich weisse, männliche Personen, die darüber entscheiden. Zwar gibt es bereits viele Filme mit Schwarzer Rollenbesetzung, doch hier lohnt es sich immer, diese mit einem kritischen Blick zu hinterfragen: Oftmals ist es nämlich so, dass die Rollenbesetzung durch eine Schwarze Person eine Stereotypisierung darstellt und die kolonialen Wurzeln vom Rassismus wieder aufleben lässt. Es braucht also dringend neue Narrative, um einen Diskurs anzustossen, durch den unsere Gesellschaft einen Schritt in die richtige Richtung macht. Dafür gilt es zunächst, alte Narrative zu brechen, wie es das Black Film Festival Zurich vormacht. Schwarze Menschen sind genauso divers wie alle anderen auch und haben genauso komplexe Lebensrealitäten wie alle anderen und das wird häufig (noch) nicht so gezeigt.
Fakt ist: Die von weissen Filmschaffenden geprägte Kinowelt schliesst noch immer viele Menschen aus, genauso wie der leider noch oft und fälschlicherweise als «hautfarben» bezeichnete Buntstift. Deshalb ist es so wichtig, dass sich alle damit beschäftigen, was überhaupt die Norm zu sein scheint, warum das so ist und wer darüber entscheidet. Das Black Film Festival Zurich stösst uns alle dazu an, das von weissen Filmschaffenden geprägte Kino zu hinterfragen. Denn, es ist nicht genug, wenn es nur denjenigen auffällt, die sich dadurch nicht gesehen und gehört fühlen.
Dieses Wochenende gehören die Leinwände jedenfalls den Bijous Schwarzer Filmemacher:innen – und die Plätze im Kinosaal uns allen! Sei unbedingt mit dabei!
Beginn: Freitag, 16. Juni 2023 um 18:30
Tickets: auf http://www.kinohoudini.ch, in der App «Kinotickets» oder an der Kinokasse erhältlich
Weitere Infos unter: https://www.blackfilmfestivalzurich.com/
14. Juni 2023