Logo Akutmag
Icon Suche

Sensibilisierung für strukturelle Diskriminierung: Die Rolle von «Studio Kali»

Nicht nur Gastronomie-, Kultur- und Klubbetriebe zählen zur Kundschaft des Zürcher Thinktanks für Gleichstellung und Antidiskriminierung, sondern seit jeher auch Privatpersonen aus der Mitte der Bevölkerung. Wir haben uns mit den Gründer:innen von «Studio Kali» ausgetauscht.

Von Joshua Amissah

Ein Ort, den sie selbst früher gebraucht hätten – so beschreiben die Initiant:innen ihre Motivation zur Gründung von «Studio Kali», einer unabhängigen Beratungsagentur und einem Thinktank für Gleichstellung und Antidiskriminierung aus Zürich. Als ihre Vision gilt es, inklusivere und diversitätsorientiertere Strukturen zu schaffen, die sowohl Ihren Mitarbeiter:innen als auch deren Kundschaft ein sicheres und wertschätzendes Umfeld bieten. 

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die Betonung auf die Vielfalt von Identitäten und Erfahrungen verstärkt. Die feministische Bewegung der 1970er-Jahre fokussierte sich auf Geschlechterungleichheit und Frauenrechte, während in jüngerer Zeit die Diversitäts- und Inklusionsbewegung eine breitere Palette von Identitäten und Hintergründen einschliesst, wie ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Behinderung und sozialer Herkunft. Angliedernd an diese historische Dimension erscheint «Studio Kali» als eine ambitionierte Antwort auf die anhaltende Notwendigkeit, Gleichstellung und Antidiskriminierung in der heutigen Gesellschaft zu stärken. Als Katalysator für Sensibilisierung hat sich Studio Kali zum Ziel gemacht, Vielfalt und Inklusion zu fördern, indem es betroffene Personen stärkt und aber auch nicht-betroffene Personen miteinbezieht. 

Wir haben uns mit Studio Kali über ihre Herausforderungen und Hintergründe ausgetauscht. 

«Studio Kali», wer seid ihr?

Jenny und Emine: Wir sind Jenny und Emine, zwei Freund:innen und Geschäftspartner:innen. Im Sommer 2021 haben wir Studio Kali gegründet, als eine unabhängige Beratungsagentur und Thinktank für Gleichstellung und Antidiskriminierung. Das heisst, wir beschäftigen uns intensiv damit, wie betroffene Personen gestärkt und nicht-betroffene Personen sensibilisiert werden können. 

Weil einerseits bedeutet, von Diskriminierung betroffen zu sein chronische Stressbelastung, welche sich wiederum auf die körperliche und psychische Gesundheit von Betroffenen auswirkt. Dazu gibt es mittlerweile zum Glück viele Studien, die das belegen. 

Andererseits ist strukturelle Diskriminierung fester Bestandteil des alltäglichen Zusammenlebens. Trotzdem fällt es Menschen, die davon nicht betroffen sind, schwer, diese zu erkennen. Um dies zu ändern, braucht es präventive Sensibilisierung. Auch deshalb sind Workshops fester Bestandteil der Arbeit von «Studio Kali».

Was hat euch dazu inspiriert, in der Gleichstellungsarbeit und Antidiskriminierung tätig zu werden und «Studio Kali» zu gründen?

Einfach gesagt, weil wir uns selbst einen Ort wie Studio Kali gewünscht haben. Wie viele andere betroffene Personen leisteten wir häufig zusätzliche Arbeit: Als Berater:in, Bildungsagent:in, Support, Prävention oder Intervention, wenn immer es um Themen wie Gleichstellung und Sensibilisierung an unseren Arbeitsplätzen ging. Doch nicht nur dort, auch im privaten Leben, ging es uns nicht viel anders. 

Die Gründe dafür sind: Wir alle lernen leider nicht das nötige Wissen in der Schule, entsprechende Stellen an Arbeitsplätzen existieren noch nicht und viele Menschen wissen noch nicht, wo sie sich bei Interesse bilden lassen können. 

Und das wollen wir ändern.

Was versteht ihr unter intersektionaler Gleichstellungsarbeit? 

Diskriminierungserfahrungen sind sehr vielschichtig. Wir unterscheiden nicht grundsätzlich in betroffene und nicht-betroffene Personen, sondern sehen diese Unterscheidung immer nur in spezifischen Kontexten möglich. Deshalb ist es wichtig, intersektional zu arbeiten und betroffene Personen in Bezug auf ihre Diskriminierungserfahrungen zu empowern und in Bezug auf ihre Privilegien zu sensibilisieren. 

Welche Art von Organisationen zeigen sich offen für eure Beratung und Unterstützung? 

Unser Angebot richtet sich hauptsächlich an Gastronomie-, Kultur- und Klubbetriebe. Und in allen Bereichen steigt die Nachfrage stetig. Jedoch ist es bis heute schwierig, Menschen davon zu überzeugen, Geld zu investieren. Unsere Meinung nach muss hier ein grundsätzliches Umdenken geschehen, weil Geld nur ungern für Care-Arbeit jeder Art ausgegeben wird.

Was für Herausforderungen seht ihr bei der Sensibilisierung für strukturelle Diskriminierungsformen und wie geht ihr damit um?

Herausforderungen gibt es einige und wenn wir uns darauf konzentrieren würden, hätten wir wohl leider bereits aufgegeben. Die Chancen, die unsere Arbeit jedoch bietet, sind uns wichtiger. 

Denn wir sehen, dass unsere Arbeit tatsächlich etwas bewirkt, und daran halten wir fest. 

Gerade erst kürzlich haben wir während der Recherchephase für einen bald anstehenden Workshop zusammengearbeitet – wo liegen die Schwerpunkte von eurem neuen Workshop-Programm?

Sensibilisierung für Diskriminierungen, Auseinandersetzung mit kritischen Männlichkeiten, Empowerment für FINTA* und die Beschäftigung mit intersektionalen Feminismen, das sind die Themen unserer Workshops. 

Die Workshops wurden sehr sorgfältig gestaltet, um den Teilnehmer:nnen ein tiefgreifendes Verständnis zu vermitteln und praktische Fähigkeiten zu entwickeln, damit sie positive Veränderungen in ihrer Umgebung bewirken können. Sie sind partizipativ gestaltet und unsere Leiter:innen nehmen darin keine hierarchische Rolle ein, sondern gestalten vielmehr als Hosts einen Raum, in dem Informationen sowie Praktiken geteilt werden. 

Wieso habt ihr euch für Workshops als Vermittlungsmedium entschieden?

Struktur klingt immer so abstrakt und oft werden wir gefragt, was denn nun genau mit diesem Begriff gemeint ist. Oder was denn nun genau eine Struktur ist. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Familie, Arbeit, Geld, Wissenschaft, das sind nur ein paar der vielen Strukturen, die unser Zusammenleben in einer Gesellschaft formen. Und es sind Menschen, die diese Strukturen bauen oder verändern. 

Und wie erreicht man Menschen besser als über den Austausch und den Dialog?

Wo steht «Studio Kali» in fünf Jahren? 

Träume haben wir viele, aber die behalten wir vorerst für uns. 

05. August 2023

Support us!

Damit wir noch besser werden