Zwei Tage vor ihrem Tod wurde Amini verhaftet. Ihr Hijab entspräche nicht dem iranischen Gesetz. Ihrem Bruder wurde gesagt, dass sie nach einer kurzen «Schulung» wieder entlassen werde. Jedoch wurde sie kurze Zeit später in ein Krankenhaus gebracht, wo sie nach zwei Tagen im Koma ihren Verletzungen erlag.
Die iranische Regierung plädierte, sie sei an einem Herzinfarkt gestorben. Angesichts ihres jungen Alters und ihrem laut Familie gesundem Leben, scheint diese Theorie jedoch unwahrscheinlich. Augenzeugen berichten von schwerer Misshandlung seitens Sittenpolizei, ihr Tod bestätigt eher diese Theorie.
Auf den sozialen sowie traditionellen Medien berichteten praktisch alle grossen und kleinen Medienhäuser von ihrem tragischen Fall. Dadurch wurde nicht nur Aufmerksamkeit auf die problematische Sittenpolizei und Hijab-Politik im Iran geworfen, sondern auch auf die Unterdrückung und Misshandlungen von Kurd:innen weltweit.
Die Sittenpolizei im Iran sorgt schon seit langem für sporadische mediale Aufmerksamkeit im Westen und stetige Unruhe im Land. Willkür und Gewalt stehen auf dem Tagesprogramm. Besonders Frauen fallen dem Regime zum Opfer. Keine Einhaltung von Regeln ist konform genug, niemand ist sicher. Berühmte Persönlichkeiten wie Enissa Amani berichten schon seit einiger Zeit über die prekäre Situation im Iran. Der Tod von Zhina Amini richtete die Aufmerksamkeit wieder massiv auf die Regierung, und löste gleichzeitig, zurecht, viel Druck auf das Regime aus.
Aber auch wenn Amini Symbolbild für junge Frauen im Iran wurde, zeigte nur schon ihr Name das oft schwierige Schicksal von Kurd:innen auf.
In den meisten Artikeln, besonders kurz nach ihrem Tod, wird Amini als Mahsa Amini benannt, nicht Jina oder Zhina. Mahsa ist nicht ihr richtiger Name, sondern derjenige, den die Regierung vorschreibt. Der kurdisch-konnotierte Name Jina oder Zhina ist verboten. Doch nicht nur Namen sind stark vom Staat kontrolliert, sondern eine ganze Kultur.
Einschränkungen der Sprache, verbotene Auslebung von Traditionen, gewaltvolle Vertreibungen und massive Unterdrückung: Das ist der Alltag vieler Kurd:innen.
Am 16. Oktober brannte das «Evin» Gefängnis, welches bekannt dafür ist, Kritiker:innen des Regimes gefangen zu halten. Wie viele Insass:innen durch den Brand gestorben sind, ist zurzeit noch unklar. Der Verdacht, dass es sich bei dem Brand um Brandstiftung seitens Regierung oder Unterstützenden handelt, ist gross.
So tragisch der Tod von Zhina Amini auch ist, hat er in diesem Fall als Scheinwerfer für viele Probleme gedient. Die EU hat nun nebst Worten auch Taten sprechen lassen, indem sie die Sittenpolizei sanktioniert. Wie viel das bringt sei dahingestellt, aber das Ziel, Täter:innen von brutalen Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen, ist nie fehl am Platz.
Wie sich die Lage im Iran noch entwickeln wird, bleibt unklar. Doch was klar ist: Iraner:innen werden kämpfen. Kurd:innen werden kämpfen. Jetzt gilt es, diese mutigen Menschen zu unterstützen, wo wir können.
18. Oktober 2022