Projekt von Annina Weiss und Martina Schädler
Annina Weiss und Martina Schädler lernten sich 2021 bei der Aufnahmeprüfung zum Propädeutikum in Bern kennen. Während dieses Jahres entdeckten sie ihre Leidenschaft für Gestaltung und erkundeten verschiedene Praktiken. Sie ergänzten sich mit ihren Stärken, unterstützten sich bei Herausforderungen und starteten ihre ersten gemeinsamen Projekte.


Heute studieren Annina Objektdesign und Martina Kunst und Vermittlung, beide an der HSLU in Emmenbrücke. Im Studium experimentieren sie weiter, verfeinern ihre Fähigkeiten und entwickeln ihre eigene Formsprache. Annina hat ein feines Gespür für Materialien, die in der Modewelt nicht alltäglich sind. Sie ist verantwortlich für Extras, Schmuck und Make-up, die ein Outfit komplettieren. Mit ihrem breiten Wissen schafft sie es, ungewöhnliche Stofflichkeiten auf überraschende Weise in ihre Kreationen einzubringen. So hat sie beispielsweise Acrylglas so filigran zusammengefügt, dass es fast wie zarte Nail Extensions wirkt. Sie liebt es, unkonventionelle Make-up-Techniken auszuprobieren und sie so mit dem Rest der Kreation zu verbinden.


Martina bewegt sich in einem Spektrum zwischen Kunst und Fashion. Ihr Fokus liegt darauf, den Körper in Bewegung zu denken und diese Dynamik in ihre Kreationen einzubringen. Besonders ihre Arbeiten mit Häkeltechnik entstehen oft in voluminösen, organischen Strukturen, die den Körper umspielen und ihn zugleich zu neuen Silhouetten transformieren. Ihr Ansatz hinterfragt traditionelle Modekonzepte und eröffnet neue Perspektiven, in denen den Formen eine fast skulpturale Leichtigkeit verliehen wird. Annina und Martina treffen sich immer wieder, um Erprobtes und Kreiertes zu besprechen, Ideen auszutauschen und ihre Arbeiten weiterzuentwickeln. Ihre Kreationen entstehen im ständigen Dialog und Austausch, wobei sie sich gegenseitig inspirieren und die Grenzen ihrer Konzepte immer wieder neu definieren. Mit ihren unterschiedlichen Stärken ergänzen sich Annina und Martina und schaffen gemeinsam eine harmonische Balance, die ihre Arbeit einzigartig macht.




Im Herbst 2023 sassen Annina und Martina gemeinsam am Küchentisch und sprachen darüber, ein Fashion-Projekt zusammen umzusetzen. Kaum eine Woche später entdeckten sie zufälliger Weise auf Instagram den Open Call vom TripyLAB für die Underground Fashion Show (UFS). Dieser Aufruf richtete sich an alle, die als Designer:innen oder Models Teil der kollektiv organisierten Show sein wollten. Die Veranstaltung wurde vom TripyLAB organisiert und von einem Kernteam koordiniert. Das LABoratory ist ein offener Raum zum Kreieren, Vernetzen und Austauschen, mit dem Ziel, einen Safer Space zu schaffen. Es befindet sich im Tripity-Gebäude in Bern, wo auch die Shows stattfinden. Das Tripity, ursprünglich eine alte Schreinerei im Holligen-Quartier, wird heute von einem Kollektiv besetzt und als autonomes, vielseitiges Haus genutzt, in dem regelmässig Events stattfinden. So nahmen Annina und Martina 2023 zum ersten Mal an der UFS 2 teil. Das Format hat sie so begeistert und motiviert, dass sie diesen Herbst bei der UFS 3 wieder dabei sein wollten.
Für akut wurde zusätzlich zum einmaligen und vergänglichen Moment der Show ein Shooting inszeniert, das von Melanie Amstutz analog fotografiert wurde. Vier utopische Wesen im Grünen.


Sinnlich zart, gewagt experimentell flexibel und starr wirken sie träumerisch unreal. Fluid verschwimmen Silhouetten, Körper und Gender. Transformiert in neue Formen einzigartig individuell fein und zugleich klirrend stark verschmelzen sie mit der Natur und werden eins.


Das Konzept von Annina und Martina geht von weissen, teils transparenten Materialien aus, die von Textil bis hin zu Kunststoff und Keramik reichen. Inspiriert durch organische und fluide Formen aus der Natur erkunden sie die gefundenen Materialien und entwickeln neue Strukturen. Wie bei den Flechten werden sie zu ganzen Systemen, die sich am Körper entlang formen und verschmelzen. Die Kreationen sind sehr detailreich und erschaffen abstrakte Skulpturen oder gar neuartige Wesen. Sie streben damit eine Ästhetik an, die vom traditionellen Fashion-Begriff abweicht. Sie haben sich für die Farbe Weiss entschieden, da sie Ruhe und Frieden ausstrahlt. Zugleich kann die Farbe eine starke, fast provokante Wirkung entfalten – dieser Gegensatz fasziniert sie. Ausserdem kommen verschiedene Oberflächen und Materialitäten mehr zur Geltung.
Annina und Martina war es wichtig, bereits vor der Fertigstellung der Looks zu klären, welche Person mit welcher Kreation verschmelzen wird. Sie strebten an, dass die Eigenschaften der Kreation und die tragende Person miteinander harmonieren, sodass sie sich rundum wohlfühlt und mit dem Kostüm zu einer Einheit werden kann. Durch diese Verschmelzung entstand eine Kollektion mit kraftvoller Präsenz, welche die Kreationen in einzigartige Wesen verwandelte.

Konzept und Kreationen: Annina Weiss, Martina Schädler
Models: Emely Stettler, Anu Berger, Yden, Juliette Pfister
Fotografie: Melanie Amstutz
Organisation und Ort: TripyLAB, Tripity Bern
18. Oktober 2024