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Stop the Pinkwashing and Take a Stance – wie Unternehmen wirklich etwas bewirken können

Der Sommer ist Pride-Season. Bunt geht es aber nicht nur auf den weltweiten Protestmärschen zu, sondern oft auch in den Marketing-Kampagnen grosser Unternehmen. Oft geht es denen aber nicht um die tatsächliche Unterstützung der LGBTQ+-Community, sondern um Profit – man spricht deshalb von «Pinkwashing». Wie sich Unternehmen wirklich gegen Diskriminierung einsetzen können, zeigen die W Hotels Amsterdam und Rom.

Von Michèl Kessler

Das Römische Reich war für vieles bekannt: tyrannische Herrscher, eine Vielzahl von Gottheiten, hervorragenden Wein – und ausgelassene Orgien. Dabei war es den Römer:innen völlig egal, ob Mann mit Mann oder Frau mit Frau. Liebe und Sexualität waren damals, so erwecken zumindest Kunstwerke aus dieser Zeit den Anschein, freier und unvoreingenommener. Ein Blick in die heutige Gesellschaft Italiens zeigt jedoch ein anderes Bild. Vor allem in katholisch geprägten und konservativen Regionen des Landes ist Homosexualität verpönt und wird als unmoralisch angesehen. Auch vor dem Gesetz sind queere Menschen noch nicht gleichgestellt: Italien ist heute das einzige westeuropäische Land, das die gleichgeschlechtliche Ehe noch nicht eingeführt hat. Man fragt sich: Wo ist der einst so offene und tolerante Geist des antiken Roms geblieben?

Noch grotesker wird dieses Bild, wenn man Griechenland betrachtet. Ein Land, das ähnlich wie das Römische Reich einmal für seine Leidenschaft, Ästhetik und eine freizügige Kultur bekannt war, hat sich im Laufe der Jahrhunderte von diesen Wurzeln entfernt. Doch im Gegensatz zu Italien hat Griechenland dieses Jahr die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt. Es ist ein Zeichen dafür, dass Fortschritt und Rückkehr zu einem humanistischen Erbe möglich sind – wenn der Wille da ist.

Die Schweiz und die gleichgeschlechtliche Ehe

Auch die Schweiz war bei der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, wie bei vielem, eher ein Spätzünder. Die gleichgeschlechtliche Ehe wurde am 1. Juli 2022 eingeführt, nachdem das Volk im September 2021 dafür gestimmt hatte. 

Die Niederlande, die als erstes Land weltweit die Homo-Ehe im Jahr 2001 eingeführt haben, sind ein leuchtendes Beispiel für gelebte Gleichberechtigung. Die Strassen und Kanäle Amsterdams sind während der Pride gefüllt mit Menschen aus aller Welt, die zusammenkommen, um Vielfalt und Liebe zu feiern. Schiffe, geschmückt mit bunten Flaggen und strahlenden Menschen, ziehen durch die Kanäle, begleitet von Musik und Jubelrufen. Es ist ein unvergleichliches Gefühl, Teil dieser riesigen Menschenmenge zu sein. Man kann die Freude in der Luft förmlich spüren, und die Energie ist ansteckend. Von den Brücken und Ufern aus winken die Zuschauenden den Booten zu, tanzen und feiern mit. Es ist ein bewegendes Erlebnis, zu sehen, wie die Menschen und die Stadt gemeinsam für eine bessere, gerechtere Welt einstehen.

Während der Feierlichkeiten habe ich erlebt, wie sich nicht nur Politik und Gesellschaft, sondern auch grosse Unternehmen engagieren und Verantwortung übernehmen. Oft hört und liest man bei Pride-Kampagnen von Unternehmen über sogenanntes «Pinkwashing». Es ist daher erfrischend, zu sehen, dass sich Unternehmen auch wirklich für Veränderung einsetzen: Das W Hotel Amsterdam hat es sich beispielsweise zur Aufgabe gemacht, die Situation in Italien zu verbessern. 

Was ist Pinkwashing?
Pinkwashing beschreibt die Praxis von Unternehmen, sich marketingtechnisch als LGBTQ+-freundlich darzustellen, um von anderen negativen Handlungen oder Praktiken abzulenken, oder um sich positive Aufmerksamkeit und kommerziellen Gewinn zu sichern, ohne tatsächliches Engagement für die LGBTQ+-Gemeinschaft zu zeigen. Pride-Märsche weltweit sind zwar bunte Feste voller Regenbogen und Party, doch ursprünglich sind sie ein Protest – und sie bleiben es auch. Es geht um Gleichberechtigung und Akzeptanz, um den Kampf gegen Diskriminierung und Unterdrückung.

Zusammen mit der italienischen Botschaft haben das W Hotel Amsterdam und Rom eine Kampagne gestartet, die LGBTQ+-Rechte in Italien unterstützt. Sie liefen bei der Pride-Demonstration in Rom mit, organisierten verschiedene Panel-Talks und setzten weitere Aktionen für die Community um. Dabei handelt es sich nicht nur um eine kurzfristige Zusammenarbeit: Die beiden Hotels werden so lange zusammenarbeiten, bis die gleichgeschlechtliche Ehe in Italien endlich eingeführt ist. Kein Lippenbekenntnis – sondern echtes Engagement.

Es ist eine willkommene Abwechslung zu all den Unternehmen, die nur während des Pride-Monats ihre bunten Kampagnen fahren und dann wieder zur Tagesordnung übergehen. 

Es kann für globale Unternehmen auch verzwickt sein, hier richtig zu agieren, da sich politische Umstände an unterschiedlichen Standorten stark unterscheiden und somit Kampagnen gar nicht durchkommen oder gezeigt werden können.

Es liegt an uns, als Konsument:innen und als Gesellschaft, Unternehmen zu unterstützen, die tatsächlich etwas bewirken wollen. Denn wahre Veränderung geschieht nicht durch oberflächliche Marketingkampagnen, sondern durch verwurzeltes Engagement und konkrete Aktionen. Denn am Ende des Tages sind wir es, die den Wandel vorantreiben können – durch unser Handeln, unsere Entscheidungen und unsere Stimme.

11. August 2024

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