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«Man sollte sein Ego verlieren können und das Ganze nicht zu ernst nehmen» – Rebekah Abdeen im Interview

Rebekah Abdeen weiss, wie man einen Raum zum Beben bringt – egal ob im Club oder im Sportstudio. Mit viel Talent, Feingefühl und noch mehr Lebensfreude schafft sie es, immer wieder Menschen mitzureissen und zu inspirieren. Wir haben uns mit DJ und Künstlerin Rebekah Abdeen über Sport, die Club-Kultur und Eskalation unterhalten.

Von Leila Alder

Ursprünglich aus Newcastle stammend und derzeit zwischen London und Zürich ansässig, begann Rebekahs Leidenschaft für Musik und Sport – und vor allem für deren Symbiose – schon sehr früh in ihrem Leben.

Sie ist eine dieser Künstlerinnen, die die Fähigkeit besitzt, mit ihrer Energie eine einzigartige Atmosphäre zu kreieren und kraftvolle Verbindungen auf und abseits der Tanzfläche zu schaffen. Dies bewies sie erneut am Debüt ihrer Veranstaltungsreihe «Escalate» am 12. Januar in Zürich. Gemeinsam mit dem Zürcher DJ Marcism und dem jungen Allround-Talent MC Pinty aus London kreierte sie ein Happening, das die Gemeinschaft feierte und von Euphorie regiert wurde.

Im Rahmen der neuen adidas Originals-Kampagne, die Kreative in den Fokus rückt, haben Rebekah und ich uns einige Tage nach dem Event in einem Café unterhalten.

Was ist für dich das verbindende Element von Musik und Sport?

Rebekah: Musik und Sport waren schon immer Teil meines Lebens. Das eine geht für mich nicht ohne das andere. Früher war der Sport präsenter, heute ist es die Musik. Sie inspiriert den Körper, regt ihn dazu an, sich zu bewegen. Wenn man die beiden Dinge verbindet, kann so viel Tolles daraus entstehen. Ich denke, das ist auch der Grund dafür, dass unsere Kultur so stark beeinflusst wird von Sport und Musik.

Wann hast du deine Leidenschaft für die beiden Dinge entwickelt?

Ich habe immer viel Sport gemacht, vor allem Tennis gespielt, bereits als ganz kleines Kind. Ich war ein Tomboy, rannte nur in meinem 3-Stripes-Tracksuit herum (lacht). Die Leidenschaft für die Musik kam dann etwas später durch meine beiden älteren Stiefbrüder. Ich war inspiriert von der Musik, die sie hörten: 90er-UK-Rave. Also begann ich mit elf Jahren in meinem Zimmer an den Decks zu spielen.

Und wie kam es dazu, dass du den Sport und die Musik zu deinem Beruf gemacht hast?

Ich hatte zwar nie einen normalen Job, aber es war ein langer Weg. Ich brach die Schule mit 16 Jahren ab und fokussierte mich auf den kreativen Bereich, der mich so sehr interessierte. Ich versuchte die Musik und den Sport in meiner Praxis zu vereinen, so gut es ging. Mit 19 Jahren hatte ich dann die Möglichkeit, herumzureisen und ausserhalb von der UK Gigs zu spielen und Trainings zu geben. So führte mein Weg irgendwann nach Zürich. Ich arbeitete als Trainerin, Creative Director und nach dem ersten Lockdown spielte ich meinen ersten Live-Gig hier. Ende 2022 entschied ich jedoch für mich und meinen Körper, dass ich mich künftig komplett auf meine Musikkarriere fokussieren möchte. Das ist zwar, besonders als Frau, nach wie vor nicht gerade einfach – ich habe das Gefühl, man muss sich noch immer doppelt und dreifach beweisen. Besonders dann, wenn man nicht zu irgendeiner Bubble gehört, sondern seinen eigenen Stil durchsetzen möchte.

Wie hat sich denn die DJ-Szene in den letzten Jahren deiner Meinung nach verändert?

Die Szene ist exklusiver geworden. Ich erinnere mich an die krasse Energie, die direkt nach den Lockdowns im 2020 aufkam. Es fühlte sich an wie ein Neustart. Diese Euphorie hielt jedoch nicht wirklich lange an. 2021 wurde der krasse Shift bemerkbar: Die plötzliche Kommerzialisierung der Dance-Music war absolut absurd. Plötzlich ging es nur noch um grosse Namen und grosse Shows. Die Tickets für diese Events kosteten Unmengen von Geld. Viele Clubs verzichteten darauf, neue Dinge auszuprobieren, neue Erfahrungen zu schaffen. Lieber buchten sie immer dieselben Künstler:innen. Dadurch gingen so viel Club-Kultur und auch so viel Talent verloren. Der positive Aspekt an diesem Wandel ist, dass die Szene gewachsen ist. Dies wiederum hat eine Auswirkung auf Shows und wie die Musik produziert wird. Ich persönlich liebe es, zu performen, aber ich spüre den Druck, immer mehr produzieren und releasen zu müssen. Es geht heute viel mehr um Content und weniger um Storytelling. Das ist sehr schade.

Mit deiner neuen Veranstaltungsreihe «Escalate» leistest du nun deinen ganz eignen Beitrag zur Szene. Wir durften bei der ersten Party dabei sein. Erzähl uns etwas mehr über die Gedanken dahinter.

Ich schwimme gerne gegen den Strom. Ich wollte nicht einfach eine weitere Partyreihe machen, sondern mich mit dem «Warum» – also dem Gedanken dahinter – auseinandersetzen. Wie ich bereits erwähnt habe, fand ich es in den letzten Jahren schwierig, als Frau in dieser Szene wahrgenommen zu werden. Ich war es leid, immer für andere zu arbeiten und meine Energie da reinzustecken. Also wollte ich selbst Kontrolle darüber übernehmen und Menschen zusammenbringen, die es verdient haben, gehört und gesehen zu werden. Ich möchte, dass die Gäste:innen bei «Escalate» einen einmaligen Abend erleben dürfen, dass sie überrascht werden, in eine ungezwungene Atmosphäre eintauchen dürfen – und dadurch zurück zum Ursprung der Club-Kultur geführt werden. Zudem versuche ich mit «Escalate» mehr Platz für UK-Music zu schaffen. Ich bin nicht wirklich stolz auf die Regierung meines Landes, aber Musik können wir – konnten wir schon immer.

Was macht ein guter DJ aus?

Die Fähigkeit, einen Raum lesen zu können und offen zu sein für verschiedene Genres. Man muss den Menschen geben, was sie brauchen – ohne dass dabei der eigene Stil verloren geht. Wenn ich auflege, habe ich zwar immer einen Plan, verfolge diesen aber äussert selten. Manchmal spiele ich auch Tracks, die ich selbst nicht aus tiefstem Herzen liebe, weil sie zur Energie passen. Man sollte sein Ego verlieren können und das Ganze nicht zu ernst nehmen.

Gibt es einen speziellen Gig, der dir in Erinnerung geblieben ist?

Sommer 2022 in Zürich auf der Kaufleuten Terrasse. Das war absolut crazy! Die Location war voll und die Energie über längere Zeit so hoch, wie ich es sonst noch nie erlebt habe. Der letzte Track, den ich an diesem Tag gespielt habe, war «Freed from Desire» von Gala. Meine Freundin Sarah kam gerade in diesem Moment rein und hat mich beim Tanzen gefilmt. Ich liebe dieses Video, es zeigt die pure Euphorie, die an diesem Abend herrschte. Als ich die Musik nach dem Track herunterschraubte, gab es einen Moment der Stille, bevor alle angefangen haben zu schreien und zu applaudieren. Das werde ich nie vergessen!

Momentaner Lieblingstrack?

«Wasting Time With You» von Denham Audio & Triple Point oder «Freed from Desire» von Gala! That’s a funny one (lacht).

Du hast «Escalate» verpasst? Hier kannst du sie auditiv nacherleben.

22. Januar 2024

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