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Nicht mundtot, sondern korrekt

Cancel Culture, direkte Kommunikation, schwarzer Humor. Sind diese Begriffe antonym geworden? Was darf man heute noch sagen? Wieso politische Korrektheit Humor und Redefreiheit nicht einschränkt.

Von Sina Schmid

Ich würde mich als eher politisch korrekt bezeichnen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, keinem auf die Füsse zu treten. Klar, allen kann man es nie recht machen, dennoch gebe ich mir Mühe weiter zu denken als nur in meiner persönlichen Bubble. Worte und Wissen sind Macht. Nicht umsonst bringt man Kindern bei, nachzudenken bevor sie ihren Mund öffnen. 

In den letzten paar Jahren ist das Kontrollieren der Wortwahl anderer und unser selbst stark angestiegen. Alte Videos mit rassistischen Begriffen können den sozialen Tod für gewisse Menschen bedeuten. Homophobe Sprüche sind ein No-Go. Sexismus in vielerlei Hinsicht stark thematisiert und auch die Wortwahl im Bezug darauf stets im Gespräch (ausser bei Musikern, da drückt die Gesellschaft irgendwie gerne ein Auge zu).

Jedenfalls habe ich mir dann oft überlegt, was ich antworten kann, wenn jemand fragt: «Was darf man denn eigentlich noch sagen?»

Ich kann verstehen, dass gewisse Menschen sich die Mühe nicht machen wollen, zu filtern was sie so von sich geben möchten. Es ist bestimmt einfacher, ignorant durch die Welt zu gehen. Trotzdem denke ich, sollte sich jeder damit beschäftigen, ein friedliches Zusammenleben für Alle zu ermöglichen.

Genau von den Menschen, die gerne eher problematische Sätze von sich geben, wird diese Frage ja gestellt, ob man denn noch irgendwas sagen kann, ohne Hate zu kassieren. 

Die beste Antwort auf diese Frage habe ich aus einem Interview von Fatima Moumouni für babanews.ch

«[…] Man darf immer noch alles sagen, man hat jetzt einfach ein Echo, man hat jetzt eine Antwort darauf, und mit dieser Antwort muss man klarkommen. Wenn ich mich dazu entscheide, ein gewisses Wort zu verwenden, muss ich damit klarkommen, dass das kritisiert wird. Das Problem im aktuellen Diskurs ist eher, dass Leute gleichzeitig unreflektierte, dumme, rassistische, sexistische, homo- und trans feindliche […] Dinge sagen wollen, aber gleichzeitig kein Arschloch sein möchten. Man muss sich entscheiden: du darfst immer noch sagen was du willst, aber du musst halt merken, dass du damit nicht so einfach durchkommst. Und das ist etwas Positives, durch diese Unsicherheit lernen wir, was wir mit Sprache auslösen. Wenn diese Unsicherheit nicht besteht, trampel ich ständig auf den Füssen anderer rum und es ist mir scheiss egal. Die Frage ist: willst du das?[…]»

Das hat mir recht die Augen geöffnet. Ich hatte auf die Frage zuvor keine gute Antwort, weil ich auch (fälschlicherweise) Empathie für nicht-so-politisch-Korrekte hatte. Jetzt aber sehe ich diese Frage als das was sie ist: eine faule Ausrede, weiter unbedachte Aussagen zu treffen, in der Hoffnung auf taube oder dumme Ohren zu stossen. 

Zudem ist es einfach peinlich, wenn man soziologische Probleme als einzige Quelle des eigenen Humors sieht. Wer ohne Rassismus und Sexismus nicht witzig ist, war es vorher auch nicht. Klar, frech sein darf man immer noch, aber es ist gut, wenn wir es nicht auf Kosten anderer sind.

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