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Nachhaltigkeit – der Keil zwischen gut und böse

Plötzlich sind es alle oder wollen es zumindest alle sein: nachhaltig. Egal ob Unternehmen, Produkte, Lebensstile oder Verhaltensweisen – es ist ein Begriff, der zum Trend wurde und überall in unserem alltäglichen Leben herumschwirrt. Aber was genau ist «Nachhaltigkeit» nun wirklich und ist der Begriff überhaupt allgemeingültig definierbar?

Von Michelle Müller

Spätestens seit Zeiten der Klimabewegung «Fridays for Future» ist der Begriff «Nachhaltigkeit» in aller Munde und wird omnipräsent in unserer Gesellschaft verwendet. Er fällt in einem Satz, um über die Entwicklungsziele einer ganzen Nation zu sprechen und im nächsten, um über die neuen Bambus-Zahnbürsten in der Migros zu plaudern. Dabei dient er oftmals als Werkzeug zur Unterscheidung zwischen gut oder böse. Was der Kategorie «nachhaltig» zugeordnet werden kann, wird unausgesprochen als richtig, dauerhaft und zukunftsorientiert erachtet. Und alles andere halt eben nicht. Dabei ist vielen gar nicht bewusst, was der zukunftsrettende Trendbegriff genau bedeutet. 

Hier kommen wir auch direkt zum Problem, denn der Begriff hat keine übergreifend handfeste Definition für alle Themenbereiche, in denen er verwendet wird. Dadurch ist er einerseits vielseitig einsetzbar und andererseits läuft man schnell Gefahr, dass er aufgrund seiner positiven Konnotation benutzt wird. Aber schauen wir uns mal an, wo der Ausdruck herkommt.

Ursprung der Nachhaltigkeit

Der Begriff wird bereits seit über 300 Jahren in der deutschen Sprache verwendet. Ursprünglich stammt er aus der Forstwirtschaft und wurde vom «Erfinder der Nachhaltigkeit» Hans Carl von Carlowitz aus Sachsen mit dem Gedanken definiert, dass man nicht mehr ernten und abholzen soll, als in der Natur in einer gewissen Zeit wieder nachwachsen kann. 

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wird der Begriff ausserhalb der Forstwirtschaft und im Kontext der internationalen Entwicklung verwendet. Am allgemeingültigsten ist heutzutage immer noch die Definition der Vereinten Nationen aus dem sogenannten Brundtlandbericht von 1987. Das Prinzip wird hier mit der folgenden Umschreibung definiert:

«Nachhaltig ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen.»

Die Definition lässt allerdings sehr viel Raum für Interpretation. Wichtig ist, dass Nachhaltigkeit nicht nur auf einer ökologischen Ebene gelebt werden soll, sondern auch auf einer ökonomischen und sozialen. Die drei Dimensionen sollen hierbei gleichzeitig und gleichermassen verfolgt werden, wie sie im sogenannten «drei Säulen Modell» zusammengefasst sind.

Der Begriff im Alltag

Im ganzen Definitions- und Verwendungswirrwarr des Begriffs ist es manchmal gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten. Deshalb hier ein paar explizite Beschreibungen, die aufzeigen was mit der Verwendung des Begriffs in alltäglichen Situationen gemeint ist. 

In der Wirtschaft wird der Begriff meist mit folgender Definition verwendet: «Nachhaltigkeit bedeutet, nicht Gewinne zu erwirtschaften, die dann in Umwelt- und Sozialprojekte fliessen, sondern Gewinne bereits umwelt- und sozialverträglich zu erwirtschaften.»

Bei nachhaltigen Produkten ist oft gemeint, dass diese über ihre gesamte Lebensdauer ressourcenschonend sind. Somit wird meistens nur der ökologische Aspekt beachtet. Durch die blosse Verwendung des Begriffs weiss der/die Konsument:in aber nicht, wie viele Ressourcen tatsächlich geschont werden. Deshalb ist hier Vorsicht geboten, da einige Konzerne ihre Produkte auch gerne mit dem Begriff schmücken, um Konsument:innen zum Kauf zu motivieren. Dies nennt man «greenwashing». Auch bei einem nachhaltigen Lebensstil spricht man vor allem von der Verminderung des ökologischen Fussabdrucks durch alltägliche Tätigkeiten und Verhaltensweisen.

Abschliessend kann gesagt werden, es ist nicht immer alles grün und gut, das mit dem Wort Nachhaltigkeit glänzt. Deshalb lohnt es sich einen Blick hinter die Fassade zu werfen und herauszufinden, was bei der Verwendung genau gemeint ist. Denn Taten sind bekanntlich grösser als Worte auf irgendwelchen Werbeplakaten.

10. August 2022

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