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Migros und der Alkohol

Seit 1928 besteht in der Migros ein Verkaufsverbot für Alkohol. Alle wissen, dass für ein Feierabendbier der Weg zum Coop, Denner oder an die Tankstelle führt, auch für Migroskinder. Das soll nun vielleicht geändert werden. Doch warum der Traditionsbruch nach fast 100 Jahren?

Von Sina Schmid

1928 hat der Migros Gründer Gottlieb Duttweiler entschieden, dass in Migros Filialen kein Alkohol verkauft werden soll. Dies «zur Förderung der Volksgesundheit und als Kampf gegen das allmächtige Alkoholkapital». Klingt altertümlich. Unter anderem deshalb argumentieren nun die verschiedenen Migros Genossenschaften, dass die alten Statuten revidiert werden sollten, und Alkohol auch endlich in die Migros gehört. 

Seit dem 16. Mai können Stimmberechtigte, also die insgesamt 2.3 Millionen Genosschenschafter:innen der zehn regionalen Migros-Genossenschaften, über die alkoholische Zukunft der Migros abstimmen. Mitte Juni 2022 werden die Ergebnisse online und im Migros-Magazin verkündet.

Die Diskussion über Alkohol und die Migros gibt es wahrscheinlich schon seit fast 100 Jahren. Aber angesichts der Aktualität der Debatte, beschäftigt sich die Schweizer Bevölkerung vermehrt mit der Frage: Ja oder Nein zu Alkohol in der Migros?

Es spricht wohl einiges für den Alkoholverkauf. Die Korrelation zwischen Armut und Alkoholismus im Ausmass wie in den 1920er-Jahren wird nicht mehr so geboten sein. Wer Alkohol will, kann diesen an verschiedensten Orten kaufen, unter anderem auch in Läden wie Denner und Migrolino, die der Migros-Genossenschaft angehören. Auch im Online-Supermarkt der Migros lässt sich Alkohol ganz einfach kaufen. Wie glaubwürdigt bleibt da das Versprechen von Gottlieb Duttweiler?

Es wurde bereits 1948 über den Weinverkauf in der Migros abgestimmt, doch eine knappe Mehrheit hielt an der Tradition fest. Irgendwie gehört es auch zur Migros dazu, dass nach Feierabend halt in den Coop gerannt wird, um noch eine Weinflasche für den Apéro zu kaufen. 

Nebst der Tradition wird oft das Wort «Identität» in Diskussionen eingebracht. Das Verkaufsverbot sei Teil der Migros, das Aufgeben würde dazu führen, dass die Migros mehr und mehr wie andere Unternehmen wird. 

Auch der kapitalistische Aspekt wird scharf kritisiert: die Migros wolle nur mehr Umsatz machen und sei deshalb gewillt das Verkaufsverbot aufzugeben. Zudem sei der Suchtfaktor weiterhin geboten, laut Gegner:innen fördere die Migros den Konsum und erhöhe gesundheitliche Risiken der Bevölkerung. 

Ein weiteres Argument der Gegner:innen ist zudem, dass alkoholkranke und abstinente Menschen ohne Versuchung einkaufen können.

Es stellt sich also die Frage, ob der Verkauf von Alkohol in der Migros fest zur Konsumentenzufriedenheit beitragen würde. Wer Alkohol trinkt, findet genügend Orte, um diesen zu kaufen.

Wie der Bundesrat während der Pandemie das Wort «Selbstverantwortung» grossgeschrieben hat, wäre das wohl ein Argument für den Verkauf. Gegen den Verkauf würde sprechen, dass die klaren Vorteile nicht wirklich sichtbar sind.

31. Mai 2022

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