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«Der Diskurs ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen» – LARY über ihre Rolle als Amelie in «Player of Ibiza»

Aller guten Dinge sind drei: Am Freitag kam nicht nur LARYs neues Album «STEREO NOIR» raus, über das wir bereits im Interview mit ihr sprachen, sondern auch die fünfteilige Comedy-Serie «Player of Ibiza». Beim Release-Konzert in Berlin stellten wir LARY dazu noch ein paar spannende Fragen.

Von Janine Friedrich

*Eine Mockumentary ist eine filmische Darstellung, die den Stil einer Dokumentation nachahmt, jedoch fiktiv ist. In Mockumentaries werden oft humoristische oder satirische Elemente verwendet, um eine Geschichte zu erzählen und Themen aufzugreifen. Dabei ermöglicht es das Genre, sich über die typischen Ansprüche an Objektivität und kulturelle Relevanz der behandelten Themen sowie über das naiv-gläubige Publikum lustig zu machen.

Seit Freitag, dem 10. Mai 2024, ist die Miniserie über eine klischeehafte Reality-TV-Show, Sexismus, Feminismus und toxische Männlichkeit online streambar. Mit der Mockumentary* legen die Macher von «Die Discounter» (Bruno Alexander, Emil Belton und Oskar Belton) nun nach und schaffen es mit «Player of Ibiza» vom renommierten Filmfestival «Series Mania» in Lille direkt in die ARD Mediathek. Dass ein deutscher, öffentlich-rechtlicher Sender ein solches Format ausstrahlt, ist im ersten Moment verwundernd, aber dann total logisch: Die ARD Mediathek hat sich bereits beim jungen Publikum etabliert, da sie eine Vielzahl guter Dokumentationen und Filme im Petto hat. Für «Player of Ibiza» musste die Redaktion die Leinen dennoch lockerer als gewohnt lassen, da die Serie viel Freiraum für die Schauspieler:innen liess. Viele Dialoge sind komplett improvisiert – so hatten echte Szenen, Witze und ungeplante Facetten Raum, was für die Zuschauer:innen am Ende Realität und Fiktion vereint. Für Regie und Drehbücher holten sich die drei jungen Männer mit den Autorinnen Ellen Holthaus, Miriam Suad Bühler und Olga Kelgrewe weibliche Verstärkung ins Boot: Denn sie sind nicht nur mit den Erfahrungen der Protagonistinnen vertraut, sondern wissen auch, dass Humor einen leichteren Zugang zu schweren Themen ermöglicht. Themen, die nicht mehr nur die junge Generation abholen, sondern auch das Verständnis zwischen verschiedenen Generationen fördern. Vielleicht ist die übertriebene Parodie der Comedy-Serie ja der Zugang, den die Gesellschaft braucht, um Dinge zu erkennen, alte Konstrukte zu begraben und die Beziehung zwischen den Geschlechtern auf eine neue, zeitgemässe Ebene zu bringen. 

Toni (Paula Goos), Anthony (Emil Belton), Amelie (Larissa Sirah Herden), Marvin (Charles Booz Jakob), Abdel (Arman Kashani), Jeppe (Sammy Scheuritzel), Shirin (Altine Emini) und Tim (Bruno Alexander, v. l. n. r.) Bild: NDR/Hannah Aders

Im Reality-TV-Format «Player of Ibiza» geht es gewöhnlich um fünf Männer, die sich auf einer Insel besaufen und ihre Egos miteinander messen, um ein Date mit der «Queen» der Sendung zu gewinnen. Für die 10. Jubiläumsstaffel im Jahr 2024 hat Redakteur Arne (gespielt von Martin Brambach) den grandiosen Einfall, das Format in eine Feminismus-Edition zu verwandeln – natürlich nur für die Quoten und um Geld zu sparen. Daher nichts mit Ibiza. Für die Kandidaten geht es stattdessen nach Buchholz in Niedersachsen. Regisseurin Amelie (gespielt von Larissa Sirah Herden aka LARY) soll laut Ansage vom Chef die sexistischen Männer durch Challenges jagen. Sie steht überhaupt nicht hinter der Herangehensweise für diese Staffel, doch ist das ihre einzige Chance auf eine Beförderung. Mit Kamerafrau Toni (gespielt von Paula Goos) und Moderatorin Shirin (gespielt von Altine Emini) dreht sie die Sonderedition schliesslich auf ihre Weise: Sie sagt den Kandidaten einfach nichts vom neuen Konzept. Doch wie lange geht das gut und werden die Macker durch das Bootcamp wirklich zu Feministen?

Wie war es, eine Figur zu spielen, die dir zwar in den Gedankengängen ähnelt, aber dann Sachen macht, bei denen du im echten Leben komplett anders agieren würdest?

LARY: Es hat sehr viel Spass gemacht. Das ist ja das Schöne am Schauspiel, dass man all die Dinge machen kann, die man sich entweder selbst nicht traut oder normalerweise einfach nicht machen würde. Es war auch sehr interessant, diese Rolle einzunehmen – Amelie ist trotz der moralisch fragwürdigen Dinge, die sie tut, eine sehr menschliche Figur und ich habe viel Liebe für sie.

Ihr habt ja den Ansatz mit der gescripteten Improvisation komplett durchgezogen. War es eine Challenge, dabei in der Rolle zu bleiben? Improvisieren ist ja am Ende trotzdem etwas sehr Spontanes und Persönliches.

Eigentlich nicht, denn es gab diesen bestimmten Rahmen für die jeweiligen Figuren und auch für die Geschichte an sich. Das hat mir erlaubt, im Moment zu sein und präsent bei allem, was ich gesagt habe. So habe ich natürlich manchmal gemerkt: Okay, das war jetzt LARY, die da aus mir gesprochen hat, und es war kein Impuls von meiner Figur Amelie. Schwierig war, dass es einfach immer so lustig war. Also echt lustig, nicht gespielt lustig, weil so viel spontan entstanden ist. Irgendwelche Sätze, die man nicht erwartet hat. Das heisst, man musste total aufmerksam sein, und dann ist da diese riesige Humorkomponente. Das ist gar nicht so leicht. Wir sind oft zusammengebrochen vor Lachen.

Bild: NDR/Hannah Aders

Was ist deiner Meinung nach die wichtigste Botschaft der Serie an die Zuschauer:innen?

Ich weiss gar nicht, ob die Serie überhaupt eine Botschaft haben möchte. Wenn ich es schauen würde, dann würde ich daraus mitnehmen, dass aus diesen ganzen Themen wie toxische Männlichkeit und Feminismus die Luft und der Zeigefinger herausgenommen wurde. Man merkt, dass der Diskurs in der Gesellschaft angekommen ist, und wir können darüber lachen. Das bringt Lockerheit rein. 

Glaubst du, dass Frauen und Männer die eigenen femininen und maskulinen Anteile bei sich selbst in Balance bringen müssen, um gesunde Beziehungen führen zu können?

Ich glaube, es hilft dabei, eine gesündere Beziehung zu sich selbst zu haben. Nur das Ding ist: Es muss am Ende jede und jeder selbst wissen. Es gibt ja auch Leute, für die es stimmig ist, wenn ein Anteil überwiegt, und das kann auch in Beziehungen gut funktionieren. Aber für mich ist es definitiv so, dass ich eine bessere Beziehung zu mir selbst und auch anderen habe, wenn ich beide Anteile zulassen und auch leben kann – sowohl die weiblichen als auch die männlichen. Für ganz viele stimmt das vielleicht nicht. Und das ist auch okay.

13. Mai 2024

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