Seine Anfänge nahm der Kweer Ball in den Wohnzimmern der beiden Freunde Brian McCabe und Dominik Cavailli, während sie mit einigen anderen Queers gemeinsam RuPaul’s Drag Race schauten.
Die Gruppe wurde irgendwann zu gross, sodass sie ihre Treffen in eine Bar verlegen mussten, und dort private Vorführungen organisierten.
Nach dem Finale von Staffel zehn bot die Bar ihnen an, eine eigene Party zu veranstalten.
Die Ideen waren bereits vorhanden – bunt, laut, liebevoll und schön soll es werden.
Und so wurde der Kweer Ball im Jahr 2018 geboren! Bereits an der ersten Ausgabe kamen fast 200 Menschen, um die individuelle Schönheit und die Verbundenheit aller zu feiern. Seither hat sich der Kweer Ball zu einem der wichtigsten Queer-Events der Schweiz entwickelt.
Jahr für Jahr wird gemeinsam Liebe, Respekt und der Ausdruck von Individualität durch Beauty und Mode gefeiert. Zusammen mit Zalando Beauty werden wir die Stars des diesjährigen Kweer Balls begleiten und ihre Beauty-Transformation dokumentieren. Bevor es aber soweit ist, wollten wir noch etwas mehr über die Ballroom-Kultur und die Bedeutung von Beauty für die Queer-Community erfahren und haben uns mit Ivy Monteiro, Ballroom Mother und Kweer Ball Muse, Loic, DJ des Kweer Balls und der beeindruckenden genderqueeren Musiker:in Bran Dee zum Zalando Beauty-Talk getroffen.
Wann fühlt ihr euch am schönsten?
Bran Dee: Ich fühle mich am schönsten, wenn ich nackt bin, um ehrlich zu sein.
Ivy: Schönheit ist für mich etwas, das den Ursprung in meinem Innersten hat. Wenn ich entspannt und ganz bei mir bin, mich und meinen Körper spüren und meine eigene Schönheit wahrnehmen kann, dann fühle ich mich so richtig umwerfend.
Loic: Wenn ich richtig gute Laune habe, fühle ich mich am schönsten. Ich habe nicht den perfekten Body. Kweer Ball und unsere Community haben mir aber gezeigt, dass alle Körperformen wunderschön sind und mir geholfen, mich so zu akzeptieren wie ich bin.
Wie viel hat Make-Up für euch mit Identität zu tun?
Ivy: Eine Menge. Non-binary und genderfluid zu sein, heisst, sich manchmal als Mann, manchmal als Frau und manchmal als etwas dazwischen zu bewegen und aufzutreten. Da hilft mir Make-up enorm, mich so auszudrücken, wie ich mich fühle und die Person zu sein, die ich an diesem Tag sein möchte.
Loic: Meine Identität hat für mich allgemein wenig mit meinem Aussehen zu tun. Ab und zu male ich meine Nägel an oder experimentiere ein bisschen mit Glitzer für spezielle Events. Das macht Spass, entscheidet aber nicht, wer ich bin und wie ich mich mit mir selbst fühle.
Bran Dee: Ich denke, dass Make-up ein Tool ist, mit dem so viele Menschen ihre Identität darstellen. Es verleiht einem eine gewisse Macht, sein Auftreten in der Welt so zu gestalten, wie man möchte – das liebe ich! Wie auch immer ich meine eigene Identität empfinde, vor allem wenn es um das Geschlecht geht, Make-up hilft mir, dieses innere Gefühl nach aussen hin zu verstärken.
Welches sind eure Beauty-Must-Haves?
Ivy: Ich liebe Big Eyelahses, daher: Mascara! Es verändert den Look gleich komplett. Des weiteren liebe ich einen richtig tollen Highlighter. Auch Lipgloss oder Lipbalm brauche ich sehr oft – sie sind unkomplizierter als Lippenstift und viel schneller aufgetragen.
Loic: Bei mir ist das ganz einfach: Ich brauche eine gute Feuchtigkeitscreme und einen guten Haar– und Bartschnitt.
Bran Dee: Uff, viele – um es einfach zu machen, würde ich aber sagen, dass mein wichtigstes Produkt die Augencreme ist. Ich benutze Clinique’s «all about eyes» seit ich 29 bin und jetzt mit 42 sind noch keine Falten in Sicht!
Habt ihr einen momentanen Lieblingslook?
Loic: Der Frühling ist zurück! Ich freue mich, auf viele bunte Farben.
Ivy: Weil ich mich oft als Frau durchs Leben bewege, habe ich einige Perücken. Eine davon ist dieselbe, die Beyoncé bei ihrer Performance am Coachella getragen hat. Gepaart mit gold-gelbem Eyeshadow und viel glowy Highlighter ist dieser Look genau das, wonach der Sommer schreit: GOLD!
Bran Dee: Ich bin sehr inspiriert von der Maskenbildnerin Doniella Davy, die in der Show «Euphoria» für die Looks verantwortlich war. Besonders das Augen-Make-up fand ich grossartig. Ich mag die Art und Weise, wie sie mit ihren Looks nicht nur Stimmungen, sondern auch Geschichten vermitteln kann.
Was bedeutet euch die Ballroom-Szene?
Ivy: Wenn ich zu Bett gehe, denke ich daran, wenn ich aufstehe denke ich daran, ich richte mein Leben danach – die Szene bedeutet mir alles. Für mich ist es jedoch mehr als eine Szene; es ist ein Lifestyle, den ich vor sieben Jahren zu leben begann. Es fühlt sich so an, als ob ich seither meinen Platz auf dieser Welt gefunden habe und mich in all meinen Facetten entfalten darf und kann. Ich wünsche mir genau das, für alle Menschen auf dieser Welt, die das noch nicht können. Deshalb setze ich mich auch sehr für die Queer-Community in Brasilien, meinem Heimatland ein und habe einige coole Projekte in Planung.
Bran Dee: Ballroom bedeutet für mich vor allem Gemeinschaft. Jetzt, wo die Szene so populär ist, denke ich, dass sie dafür da ist, um marginalisierten Körpern Raum zu geben, die Geschichte mit dem Raum zu verbinden und gleichzeitig dazu einzuladen, an der reinen Freude und Kreativität teilzuhaben, die Ballroom ausmacht.
Loic: Ich komme nicht aus der Ballroom-Szene, durch den Kweer Ball, habe ich aber so viele schöne Menschen kennengelernt, von denen ich immer wieder mehr über Ballroom lernen darf. Ich bin von Natur aus sehr schüchtern – als DJ kann ich mich, gerade in dieser Szene, sehr gut ausdrücken, ohne im Vordergrund stehen zu müssen.
Wie hat sie eurer Meinung nach die Gesellschaft geprägt?
Ivy: Die Ballroom-Szene ist die Queer-Szene – eine Community, die sich zeigt, so wie sie ist, die sich traut aus dem Rahmen zu fallen und Normen zu brechen. Sie hat den Weg für viele Randgruppen geebnet. Ohne sie würden sich wohl auch viele Frauen nicht trauen, sich so zu zeigen, wie sie es möchten und ihre Schönheit voll auszuleben, ganz abgesehen davon, was die Gesellschaft von ihnen erwartet. Darunter auch sehr viele BPoCs.
Bran Dee: Ballroom spiegelt die Art von Gesellschaft wider, in der ich leben möchte! Eine, in der wir als auserwählte Familien zusammenarbeiten und uns gegenseitig durch öffentliche Erfolge und persönliche Herausforderungen unterstützen. Sie hat Platz für jede:n in irgendeiner Form, und das ist viel mehr, als die allgemeine Gesellschaft heutzutage zu bieten hat.
Loic: Ich bin wie bereits erwähnt ein sehr introvertierter Mensch. Der gesellschaftliche Einfluss der Szene hat mir dabei geholfen, meinen Weg selbst zu gestalten und die Erwartungen von anderen einfach wegzuschieben.
Wie verbindet euch Beauty mit eurer Community?
Ivy: In der Queer-Szene wirst du dafür gefeiert, dass du die Person bist, die du sein möchtest. Dass du dich so kleidest, so schminkst und so ausdrückst, wie du dich am besten fühlst und nicht so, wie es die Gesellschaft vorgibt. Es macht mich so glücklich, wenn ich an Balls Menschen sehe, die einfach so richtig aus sich herauskommen. Eine Community soll dafür da sein, einander zu akzeptieren und nicht zu verurteilen – schliesslich gibt es so viele verschiedene Facetten von Schönheit.
Loic: In unserer Community sind alle willkommen, und zwar genau so wie sie sind. Beauty hat daher ihren Platz, definiert aber nicht wie wir einander wahrnehmen und akzeptieren.
Bran Dee: Schönheit und Gemeinschaft sind für mich keine Worte, die ich sofort miteinander assoziieren würde. Vor allem, weil ich mich davon distanzieren möchte, dass Schönheit auf einem gesellschaftlichen Druck basiert, der auf Menschen ausgeübt wird. Aber Ballroom ist ein Ort, und ich beziehe mich speziell darauf, wie er entstanden ist, wo viele seiner Gründer:innen Menschen waren, die ausserhalb der gesellschaftlichen Schönheitsnorm standen, und diese umgedreht haben. Sie schufen für sich selbst einen Ort, an dem ihre kollektive Schönheit in ihren vielen Formen gefeiert, geschätzt und gewürdigt werden konnte. Die Ballroom-Szene hat Schönheit für eine ganze Gemeinschaft neu definiert.
Gibt es Beauty-Momente, die ihr gerne teilen möchtet?
Ivy: Bei Balls trete ich meistens in den Performance-Kategorien an, weil es da nicht so sehr darum geht, wie du aussiehst oder was du trägst. Es gibt aber eben auch die Beauty-Kategorien. Diese waren bisher immer ein Tabu für mich, weil man sein Gesicht für die Schönheitskategorien vorbereiten muss, wie man seinen Körper für die Performance-Kategorien vorbereitet. Aber letzen Monat fand ein Ball statt, an dem es eine Face-Kategorie gab, wo du dein wahres Gesicht so richtig präsentieren musstest. Es war eine Kategorie für non-binäre Menschen. Also habe ich es einfach gewagt. Ich fühlte mich an diesem Tag so schön und stark und siehe da; ich gewann den ersten Preis. Es ist unmöglich, dass sich die Leute nicht in dich verlieben, wenn du dich selbst so wunderschön fühlst.
Loic: Als ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal meine Haare rosa gefärbt hatte, fühlte ich mich unglaublich schön.
Bran Dee: Für eine schwarze Person ist der Tag, an dem sie die Foundation findet, die zu ihrer wahren Hautfarbe passt, einer der magischsten Tage ihres Lebens. Denn die Auswahl ist mickrig und meist auf hellere Hauttöne ausgerichtet. Lange hatten die meisten Firmen etwa acht Farbtöne, die alle Hauttöne abdeckten, mit zwei Optionen für schwarze Haut. Der Tag, an dem eine Marke plötzlich mit 50 Farbtönen auf den Markt kam und ich endlich einen Farbton hatte, der zu meinem Hautton passte, war unglaublich. Ich muss sagen, ich habe tatsächlich Tränen der Freude geweint!
Worauf dürfen wir uns am Kweer Ball freuen?
Loic: Der Kweer Ball ist ein Safe Space, in dem wir alle so sein können wie wir möchten. Es ist ein Ort, an dem wir die Gelegenheit haben Menschen kennenzulernen, die wir sonst nie getroffen hätten und gemeinsam, zu toller Musik, feiern dürfen!
Ivy: Der Kweer Ball ist eine der grössten Queer-Partys in der Schweiz mit einigen Elementen aus der Ballroom-Szene. Es ist eine der lebendigsten Partys, die es heutzutage in der Schweiz gibt. Alle Individuen sind willkommen – jedoch sollte dabei nicht vergessen werden, wofür der Kweer Ball und die ganze Szene dahinter eigentlich steht. Freuen dürfen wir uns aber auf jeden Fall auf eine Menge Spass, viel Glitzer, tolle Kostüme, amazing Make-Up und viel gute Musik von top DJs! Ich persönlich bin ein kleiner Geek und freue mich deshalb sehr auf das diesjährige Motto: Comic.
Bran Dee: Fat black magic! Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, mein Outfit zu entwerfen. Es ist ein bisschen ausserhalb meiner Komfortzone, weil es sehr femme ist und ich mich normalerweise in der Butch-Femme-Zone bewege, aber ich bin super aufgeregt, diesen Bereich zu erkunden und den Look mit allen zu teilen.
Was wünscht ihr euch für die Schweizer Queer-Szene?
Ivy: Dasselbe, das ich mir schon immer gewünscht habe, wünsche ich mir auch heute noch, denn es ist eine stetige Arbeit und ein Prozess. Ich wünsche mir, dass Menschen sich ihren Privilegien bewusst werden und sie für einen guten Zweck nutzen. Heisst, dass sie sich einsetzen, für all diejenigen, die noch nicht stark genug sind oder einen Step zurück treten und Platz machen, für jene, die etwas zu sagen haben, aber nicht gehört oder gesehen werden. Unsere Welt wird nicht mehr besser werden – das, was wir jetzt brauchen ist jede Menge Empathie, sodass wir für alle die Rechte sichern können, die sie noch nicht haben.
Loic: Ich wünsche, wir hätten mehr Orte in der Schweiz, an denen queere Menschen sich regelmässig treffen und zusammen feiern können. Es fehlt noch immer an genügend Bars und Clubs, die explizit für die Community da sind.
Bran Dee: Die Queer-Szene in Zürich ist vielfältiger denn je. Trotzdem fände ich es schön, einen physischen Raum zu haben, der wirklich und nur der gesamten Queer-Szene gehört, und der Möglichkeiten für Leute bietet, sich ausserhalb einer Partyszene zu treffen und auszutauschen.
Aufgepasst: für Kurzentschlossene verlosen wir gemeinsam mit Zalando Beauty Last Minute Tickets für den Kweer Ball. Mitmachen könnt ihr hier.
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19. April 2022