Am 2. Juni 1975 besetzten 100 Sexarbeiter:innen acht Tage lang die Saint-Nizier-Kirche in Lyon, bis die Polizei die Kirche schliesslich räumte. Die Aktion war das Schlüsselereignis für die sogenannte «Hurenbewegung»; der Tag gilt seitdem als International Sex Worker’s Day und soll an die Diskriminierung und Stigmatisierung von Sexarbeiter:innen erinnern.
Der französische Staat drängte die Sexarbeit damals mit immer schärferen Vorschriften ins Verborgene. Die Arbeit im Gewerbe wurde gefährlicher; Gewalttaten nahmen zu. Mit der Besetzung kritisierten die streikenden Sexarbeiter:innen die immer härtere Reglementierung und polizeiliche Kontrolle ihres Gewerbes durch die französische Regierung. Sie forderten unter anderem ein Ende der Schikane durch die Polizei, die Wiedereröffnung der Bordelle und Hotels, in denen sie arbeiteten, und Ermittlungen in verschiedenen Mordfällen an Sexarbeiter:innen.
Das Ereignis gilt als Auslöser der sogenannten «Hurenbewegung»: Sexarbeiter:innen in vielen europäischen Ländern begannen, sich selbst in Gewerkschaften und Vereinen zu organisieren, um für ihre Rechte zu kämpfen.
Noch heute kämpfen Sexworker weltweit dafür, dass Sexarbeit als Arbeit anerkannt wird. Neben moralischer Stigmatisierung erschweren auch nach wie vor rechtliche und bürokratische Hindernisse – vor allem für Personen mit Migrationshintergrund – die Arbeitsbedingungen.
Wenn wir von Sexarbeit sprechen, meinen wir selbstbestimmte Sexarbeit, die unbedingt von Menschenhandel abgegrenzt werden muss. In der Schweiz sind rund 80% der identifizierten Opfer von Menschenhandel weiblich; im Jahr 2021 wurden zwei Drittel der Betroffenen in der Prostitution ausgebeutet (Schweizer Plattform gegen Menschenhandel).
Wie viele Menschen hierzulande tatsächlich von Menschenhandel betroffen sind, ist schwer zu erfassen; die Dunkelziffer ist riesig.
02. Juni 2024