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Im Food-Talk mit Noah Rechsteiner – dem jüngsten Gastronom der Schweiz

Noah Rechsteiner trifft mit seinem Restaurant «Anoah» den Puls der Zeit. Mit seinen 21 Jahren hat er bereits sein drittes Pop-Up Restaurant erfolgreich aufgebaut. Wir haben den Jungkoch getroffen, um mit ihm über seine Leidenschaft, seinen Geschäftssinn, Nachhaltigkeit und natürlich Essen zu sprechen.

Von Vanessa Votta

Noah Rechsteiner ist einer der jüngsten Schweizer Gastronomen, doch mischt bzw. kocht er schon ganz oben mit. Mit gerade mal 21 Jahren eröffnete er sein drittes Pop-Up Restaurant «Anoah» an der Brauerstrasse in Zürich und das kann sich sehen lassen. Durch seinen innovativen und nachhaltigen Gedanken setzt er genau da an, wo es ihn braucht. Mit rein pflanzlichen Zutaten zaubert er jeweils von Mittwoch- bis Samstagabend, für eine limitierte Anzahl Gäste, Fine Dining Gerichte. Das Konzept ist einfach: monatlich wechselnde vegane 4-Gang Menüs, gepaart und abgestimmt mit passenden Weinen oder alkoholfreien Getränken. Im «Anoah» kommt ihr noch bis im August 2022 in den Genuss von Noah’s amazing Kreationen.

Wir wollten vom Jungkoch alles über seine Visionen, das Thema Nachhaltigkeit und seine Ziele für die Zukunft wissen und haben einiges dabei gelernt.

Während viele in deinem Alter überfordert sind, mit den vielen Möglichkeiten, stehst du gerade in deinem eigenen Restaurant. Wie fühlt sich das an?

Noah: Wenn ich ganz ehrlich bin, realisiere ich nicht jeden Tag, dass ich ein eigenes Restaurant habe.  Natürlich ist das auch dem grossartigen Team zu verdanken, denn ich bin ja auf keinen Fall alleine verantwortlich dafür.  Wenn mich Personen darauf ansprechen, spiele ich es auch eher runter als mich daran aufzugeilen. Es macht aber auf jeden Fall enorm Spass und ich bin glücklich mit meiner Entscheidung, dennoch gibt es auch eine Kehrseite: Sich etwas eigenes aufzubauen ist sehr streng und in diesem Business erst recht. Viele in meinem Alter blenden diese Seite der Selbstständigkeit aus und finden einfach cool was wir hier im «Anoah» machen. Die ganze Idee ist durch grossen Fleiss entstanden, denn seit meinem 14. Lebensjahr träumte ich von einem eigenen Restaurant und erarbeitete seither ein Konzept. In anderen Restaurants habe ich dann oft Notizen und Bilder gemacht von Dingen, die mir besonders gefallen, die mir dann als Inspiration für meine Pop-Up Restaurants dienten. Ich habe das Glück, zufrieden mit meiner Berufswahl zu sein und bisher noch keinen Tag davon bereut zu haben.

Wieso hast du dich entschieden nur Gerichte auf rein pflanzlicher Basis anzubieten?

Ich ernähre mich selber schon drei Jahre vegan und finde die Möglichkeiten der rein pflanzlichen Ernährung extrem spannend. Oft wird viel mehr mit den verschiedenen Geschmäckern gespielt und auch grossen Wert auf Frische gelegt. Auch unsere Weine, die wir beim Wine Pairing anbieten sind vegan. 

Nachhaltigkeit ist einer der grössten Aspekte unseres Restaurants. Das beinhaltet so viel mehr als nur die vegane Ernährungsform, denn diese ist nicht immer gleich nachhaltig. Wir brauchen beispielsweise nur Hafermilch, da tonnenweise Hafer auf Schweizer Feldern wächst. Mandelmilch hingegen würde eine viel grössere Menge an Wasser zur Ernte und Produktion brauchen. Auch exotische Früchte bieten wir keine an. Nachhaltigkeit ist wichtig, aber das nicht nur auf dem Teller. Dazu gehört auch mit den Mitarbeitenden nachhaltig umzugehen oder sich um seine Mitmenschen zu kümmern. Von jedem Menü gehen bei uns zwei Franken an Smiling Gecko, eine Organisation, die sich um notleidende Familien und Kinder in Kambodscha kümmert.

Was ist die grösste Challenge in der pflanzenbasierten Küche?

Für mich als vegan lebende Person gibt es nicht sehr viel Challenges in der Küche. Tierische Produkte schwirren gar nicht mehr in meinem Kopf herum, weswegen ich auch keine Mühe habe diese auszutauschen. Ich habe selber vieles gelernt und setzte das jetzt in der Restaurantküche um. Für neue Köch:innen mag es eine Umstellung sein, doch selbst diese lernen sich schnell anzupassen, denn ein gewisses Interesse an der veganen und nachhaltigen Küche sollte schon bestehen, auch bevor eine Person bei uns zu arbeiten beginnt. 

Was macht dir am meisten Freude an deinem Beruf?

Das ist easy. Ich kann Menschen mit meinen Kreationen glücklich machen und sehe ihre Reaktionen dabei. Wir haben im Restaurant eine Showküche, so sehen wir genau, wie die Gäst:innen es geniessen. Auch privat bereichert das Kochen mein Leben. Ich kann für meine Liebsten und mich sorgen, indem ich weiss wie ich ein Gericht am besten und schnellsten zubereite. Ich würde behaupten die Kochlehre, war zeitgleich auch eine kleine Lebensausbildung.

Das Zusammenspiel der Gerichte und Atmosphäre ist von grosser Wichtigkeit bei euch. Was für ein Erlebnis erhoffst du dir für deine Gäste?

Bei uns im «Anoah» sollte jede:r ein bleibendes Gesamterlebnis erfahren dürfen. Wir bieten ein Zusammenspiel aus Food, Drinks, Atmosphäre und einem nachhaltigen und fortschrittlichen Grundgedanken. Ich denke es trifft es ganz gut, wenn wir uns als «Casual Fine Dining» bezeichnen. Bei uns wird zwar nicht mit einem weissen Handschuh serviert und auch die Musik am Abend geht mehr in Richtung Elektro als Dinner-Sound, dennoch legen wir grossen Wert auf den Genuss und die Qualität unserer Gerichte und bieten Fine Dining auf einem entspannteren Level.

Hast du ein Go-To Meal, das immer Anklang findet oder für das du im Bekanntenkreis gefeiert wirst?

Im Restaurant gibt es ein Gerichte, das bei den Gäst:innen eigentlich immer Anklang findet. Unser Signature-Gericht «Purple Rain» – ein Trüffelrisotto mit Rotkohl und Randensaft, das sich im Geschmack süsslich zeigt, aber dennoch den Trüffelgeschmack beibehält. 

Im Sommer koche ich oft Paella unter dem Namen «Der Paella Koch» und liefere diese auch als Caterer aus. Dabei spielt auch wieder die gesamte Situation eine grosse Rolle, denn es ist nicht einfach ein Gericht, sondern ein Erlebnis, das mit Menschen geteilt wird. Etwas, worauf ich in meinem Restaurant aber auch persönlich viel Wert lege – ein Gericht ist erst dann nennenswert, wenn alles rundherum auch stimmig ist.

Was ist für dich der einfachste Weg ein Gericht aufzupeppen?

Mit Sojasauce kann bei vielen Gerichten recht viel rausgeholt werden. Umami generell. Dazu gehören auch getrocknete Tomaten oder Pilze. Wer ein Gericht ein wenig frischer und fruchtiger machen will, liegt mit einem kleinen Spritzer Limette auch selten falsch. Genug Salz ist aber das A und O. Bei zu wenig Salz, bin ich raus. 

Erzähl mir ein wenig mehr über die spannenden Getränke, die ihr jeweils zu den Gerichten anbietet.

Ich wollte nicht, dass Menschen, die auf Alkohol verzichten, bei uns nur Süssgetränke oder Wasser konsumieren können. Deswegen haben wir uns entschieden in erster Linie auch gar keine Süssgetränke anzubieten, sondern uns ein spannenderes Konzept dafür zu überlegen. Es besteht die Möglichkeit unser 4 Gang-Menü mit einem Wine- oder Juice Pairing zu ergänzen. Das Wine Pairing ist selbsterklärend, dabei wird zu jedem Gang ein passender veganer Wein serviert. Das Juice-Pairing hingegen besteht aus alkoholfreien Getränken, die sich aus einer Komponente des jeweiligen Gangs zusammensetzen. Dabei werden nicht nur Säfte serviert, wie es der Name vermuten lässt. Durch dieses Trinkkonzept bringen wir das Gericht vom Teller auch ins Glas. Zurzeit servieren wir zum 1. Gang einen Rosmarin-Sirup, mit einer gegrillten Zitrone garniert, die dann im Gericht wieder aufgenommen wird. So tragen wir wieder zum Gesamterlebnis bei.

Was können die älteren Köch:innen von der jüngeren Generation lernen?

Sicher, dass es nicht immer eine 20-seitige Menükarte braucht. Durch so viele Optionen wird extrem viel Food Waste generiert. Oft besteht die Angst, bei zu wenig Auswahl, nicht jede:n zufriedenzustellen. Doch gut durchdachte und anpassbare Gerichte, funktionieren immer. Hierbei würde ich empfehlen, mit Bausteinen zu arbeiten, die leicht auszutauschen sind. Die Menschen brauchen Optionen, doch diese sollten auch bei einem einzigen Gericht gegeben sein. Die Möglichkeit, es auf den verschiedenen Vorlieben und Lebensstile anzupassen, sollte schon bestehen. Also, nicht alles schon zu Beginn vermischen oder in einer Sauce ertränken, denn so wird es schwierig. Die vegetarische Option kann zugleich auch die vegane sein, man sollte es sich nicht zu schwer machen.

Gibt es grosse Ziele oder Wünsche für deine Zukunft?

In Zukunft wird es einige spannende Projekte im «Anoah» geben. Dafür ist mir aber wichtig, dass wir vorher noch ein wenig wachsen, damit das bestehende Team geschont wird. Denn im Moment kostet uns jede zusätzliche Aufgabe einen freien Tag, den wir nicht aufholen können, deswegen ist mir wichtig, dem Team nicht noch zusätzliche Aufgaben aufzutragen.

Von allen Gäst:innen in Restaurants, wünsche ich mir, dass diese ihre Reservationen wahrnehmen. Für uns Gastronom:innen ist das extrem schwierig, speziell wenn eine limitierte Anzahl Tische zur Verfügung steht und im Vorhinein reserviert werden muss. Die Tische bleiben dann meist den ganzen Abend leer, obwohl sich andere daran erfreut hätten. Für uns hat das oft Food Waste zur Folge, was sich dann auch finanziell zeigt.

Generell finde ich wichtig, dass der Genuss nicht verloren geht. Obwohl wir immer optimierter leben wollen, sollte sich jede:r für das Essen Zeit nehmen und nicht vergessen wie wertvoll der Genuss und eine gesunde Küche ist.

Anoah
Brauerstrasse 37
8004 Zürich

Mittwoch – Samstag 19 bis 23 Uhr

21. März 2022

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