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«Let the Whole Goddamn Thing Short-Circuit» – Hybride Erinnerungen, Gedenken, Klischees, und Körperlichkeit als Kunstform

Wie wirkt sich das Digitale auf queere Kunst aus? Von dieser Frage ausgehend präsentiert eine Zürcher Ausstellung Werke von internationalen queeren Künstler:innen, die mit digitalen Mitteln arbeiten und sich der Ästhetik virtueller Universen bedienen.

Von Joshua Amissah

Queere Kunst – falls man die Begrifflichkeit als eigene Kategorisierung überhaupt so benutzen möchte – kann und darf vieles sein, doch ist sie bestimmt nicht nur eine Theorie oder Weltanschauung. Es ist ein politischer Kampf zur Beendigung der Unterordnung von queeren Individuen auf allen möglichen Ebenen der menschlichen Existenz. Sie richtet sich gegen das heteronormative System und dekonstruiert zumeist bewusst klischierte Rollenbilder und Vorstellungen zu Körperlichkeit und Geschlechtsidentitäten. Es bilden sich wegweisende Parameter, Grenzen werden verschoben und eine nuancierte Fluidität steht im Vordergrund. Diese neue Subjektivität erreicht durch die Allgegenwärtigkeit von digitalen Räumen noch einmal neue Ebenen der Selbstfindung und Repräsentation.

Über die Vielfalt der Formen von plastischen, digitalen, oder hybrid-geschaffenen Kunstwerken hinaus, reflektiert auch die von Quentin Emery kuratierte Ausstellung «Let the Whole Goddamn Thing Short-Circuit», welche am 16 März, 2023 im Toxi Space in Zürich Eröffnung feiert. Mit einem vielschichtigen Arsenal von renommierten Künstler:innen zeichnen sich drei, der queeren Kunstgeschichte altbekannten Aspekte heraus: Erinnerung und Gedenken, Stereotypen und Klischees, und die Beziehung zum Körper.

Su Yang, Memories of a Rock, 2019, expansiver Schaum, Papier, Harz (courtesy the artist)

Ursprünglich war der Cyberspace als utopisches Feld der unendlichen Möglichkeiten gedacht. Er versprach Emanzipation, Freiheit und Horizontalität. Heute scheinen diese Perspektiven jedoch weit entfernt von der Realität. Neben der Monopolisierung zahlreicher Plattformen durch Tech-Giganten ist das World Wide Web auch zum Schauplatz vielfältiger Formen von Gewalt geworden, die durch algorithmisch generierte Echokammern und Filterblasen gefördert wird. Cyber-Mobbing und hassschürende Parolen, denen systematisch und effizient durch die Anonymität der Nutzer:innen der Weg freigemacht wird, gehören leider der Normalität an. Geolokalisierungstools mancher Applikationen ermöglichen im äussersten Fall physische gewaltsame Angriffe auf LGBTQIA+-Personen, oder deren Festnahme in manchen Staaten.

Ausschnitt aus Corentin Darré, Never Kill a Boy on a First Date, 2021, Video, HD, Farbe, Ton, 15 mn

Die Kunstschaffenden Thalia Bassim, Cibelle Bastos, Danielle Brathwaite-Shirley, Corentin Darré, FAFSWAG, Su Yang, Lucas LaRochelle und 4FSB zeigen auf, wie wiederkehrende Sujets der queeren Kunstgeschichte im Zeitalter des Digitalen neu aufgegriffen und interpretiert werden können und müssen. Ihre Werke sind das Ergebnis sehr unterschiedlich geführter Recherchen, die ebenso vielfältige Reflexionen vorschlagen und ungemein zur zeitgenössischen, queeren Geschichtsschreibung beitragen. 

Vom 16. März bis 15. April 2023

Vernissage am 16. März von 18:00-21:00, im Toxi, Zimmerlistr. 4, 8004 Zürich

01. März 2023

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