Beautyfilter auf Instagram zeigen uns seit geraumer Zeit, wie hübsch wir aussehen würden, wenn das Näschen ein bisschen stupsiger, die Wangen ein bisschen kantiger und die Augen ein bisschen grösser wären. Wenig überraschend also der Fakt, dass die Zahl der Schönheitsoperationen in den letzten vier Jahren global um über 40 Prozent gestiegen ist (Quelle: ISAPS). In der Schweiz werden pro Jahr rund 100’000 Eingriffe durchgeführt. Die Hälfte davon sind nicht-invasive Eingriffe wie Botox zum Beispiel. Und wo Nachfrage ist, folgt das Angebot. Beautykliniken, die makellose Schönheit zu niedrigen Preisen versprechen, boomen. Besonders junge Menschen mit schmalerem Budget greifen oft auf solche Angebote zurück. Qualifikation der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes? Egal!
Dr. Valentina Bänninger weiss, auf was es bei Eingriffen ankommt. Die ausgebildete Dermatologin/Deramtochirurgin hat sich vor rund drei Jahren mit der in Baar ansässigen Klinik «sweet skin» selbstständig gemacht. Die Vision von Valentina und Mitgründer Michael Appenzeller war es, gesundes Altern, Schönheit und Hautgesundheit in einem harmonischen Prozess miteinander zu verbinden. Der prägende Leitgedanke dabei: «Weniger ist mehr». Auf ihrer Webseite betonen die beiden ausdrücklich ihre Ablehnung gegenüber unnatürlichen oder gar entbehrlichen ästhetischen Optimierungen.
Klingt vielversprechend – wir haben uns mit Dr. Valentina Bänninger zum Gespräch getroffen.
Erzähl mir etwas mehr über deinen Background und deine Motivation, «sweet skin» zu gründen?
Valentina: Ich war lange Zeit in einer anderen Praxis als Dermatologin/Dermatochirurgin tätig. Irgendwann reizte es mich, meine eigene Firma zu gründen. Eine mit verbesserten Strukturen und einem holistischen Angebot. Ich wollte einen Ort schaffen, der nicht nur Hautarztpraxis, aber auch nicht nur eine Schönheitsbude ist. Sie sollte menschenfreundlich sein. Das ist uns mit «sweet skin» gut gelungen. Unsere Vision ist es, dass man sich bei uns wohlfühlt, egal aus welchem Grund man hier ist. Wir bieten verschiedene ästhetische Behandlungen an, kreieren hier aber keine gefüllten, aufgeblasenen Menschen. Gewisse Kund*innen kommen auch einfach nur für einen Hautcheck bei uns vorbei, andere für grössere Eingriffe wie Augenlidstraffungen oder auch für die Entfernung von Hauttumoren.

Die ästhetische Medizin boomt bei den jungen Menschen wie noch nie zuvor. Ist da etwas dran?
Die Kund*innen zwischen ca. 28 und 30 nehmen tatsächlich zu. Das Bewusstsein und das Potenzial für Prävention sind gewachsen. Viele möchten durch nicht-invasive Behandlungen Alterungsprozesse abfangen oder aufhalten, damit später keine grösseren Eingriffe nötig sind. Ich denke, der Punkt ist aber viel mehr, dass wir einfach eine extrem privilegierte Gesellschaft sind. Wir haben alles, also streben wir nach einem vollen Bankkonto, guter Gesundheit und makellosem Aussehen.
Absolut! Ich werde dieses Jahr 30 und auch ich hätte einige Ideen, was gemacht werden könnte. Welche Behandlungen nutzt du selbst?
Ich spritze mir regelmässig Botox – ich bin heikel, deshalb spritze ich es mir am liebsten selber.
Zudem mache ich Treatments wie PRP, Microneedling oder Skinbooster. Filler habe ich bisher nicht im Gesicht. Diese würde ich mir auch nie selbst injizieren, da hierbei die nötige Kontrolle, dass kein Gefäss verletzt wird und der Filler 100-prozentig sitzt, fehlt.
Schön, dass du so offen bist. Warum denkst du, reden Menschen so ungern darüber, was sie sich haben machen lassen?
Klar, ich habe kein Interesse daran, andere schlecht fühlen zu lassen. Hätte ich kein Botox in meiner Stirn, würde sie nicht so aussehen, fertig. Viele Menschen jedoch möchten sich durch Eingriffe über andere stellen, sich so gut wie nur möglich darstellen – à la 60 und von Natur aus faltenfrei.
Was wünschen die meisten Kund*innen denn? Gibt es einen Trend, den du beobachtest?
Botox ist ganz weit oben. Des Weiteren sind Biostimulatoren im Trend, die die körpereigene Kollagenproduktion stimulieren. Der Trend ist definitiv: Hilfe zur Selbsthilfe für die Haut.
Aber seien wir mal ehrlich: Das weibliche Schönheitsideal ist stark von der patriarchalen Gesellschaft beeinflusst – jung gleich schön. Immer mehr Frauen nehmen Eingriffe vor, betonen aber, diese nur für sich selbst zu machen. Was hältst du von diesem Widerspruch?
Ich weiss nicht, wie viel es tatsächlich mit dem Patriarchat zu tun hat. Wahrnehmung ist so etwas Individuelles. Alles, was wir wahrnehmen, hat nur mit einem selbst und allem, was man bisher gesehen und erlebt hat, zu tun. Man sollte vielleicht sagen: «Ich mach’s nur für mich in meinem Weltverständnis» – dann ist es korrekter. Spannend ist auch, dass oft das, was die Patient*innen stört, nicht das eigentliche Problem ist. Es gibt vier Hauptparameter, die berücksichtigt werden müssen, bevor ein Eingriff durchgeführt wird. Man muss das Gesicht als Ganzes betrachten. Hautqualität (Glow/Festigkeit), Gesichtsform (Volumen/Erschlaffung), Ausdruck (statische und dynamische Linien), Proportionen und Symmetrie.
Zufrieden ist man aber sowieso nie, egal wie viel man machen lässt. Dem sollte man sich bewusst sein.
06. Mai 2025