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Gola Gianni: Next up war gestern

Als wäre ich wieder 16 Jahre alt, bewege ich mich auf den Eingang des Exils zu. Ein Konzert an einem Mittwochabend. Dieses Mal jedoch ohne anstehen zu müssen. All Access. Ich freue mich auf einen Künstler, den ich seit einigen Jahren auf meinem Radar habe: Gola Gianni.

Von Lino Kalt

Die Schlange ist riesig, erstreckt sich mehrere hundert Meter hin zum Aufgang der Hardbrücke und formt ein fast perfekt proportionales L. Ich bin spät dran. Das Konzert: Gola Gianni auf seiner «Dog Talk»-Tour. Die Venue: Ausverkauft!

Wer ist Gola Gianni? 

Gola Gianni wuchs in Indonesien auf und zog mit 16 Jahren nach Östereich. Geprägt ist Golas Musik stark von «US-Trap», er rappt aber auf Deutsch und wurde in der österreichischen Rap-Community schnell als Newcomer wahrgenommen. Bekannt ist Gola für Hit-Singles wie «2Handys» oder «WYA?».

Anlass für das Konzert ist Golas Debütalbum «77», mit welchem er im Sommer 2024 einen Meilenstein für seine Karriere gesetzt hat. Gola Gianni ist kein Newcomer mehr. Seinem Hunger verleiht er auf den 14 Tracks des Albums neuen Ausdruck. Die Melodien sind experimenteller. Die Beats vollständiger, abgerundeter. Ein Feature mit UK-Rapper «FourNine» zeigt, dass sich Gola mittlerweile auch international gut vernetzt hat. Auf der Achse Wien-Südost-London connecten die zwei Künstler und liefern uns Soundtrack aus und für dunkle Seitengassen ihrer Heimatstädte.  

Ich besuche Gola im Backstage. Mein alter Mitbewohner kennt ihn aus Kindergartenzeiten. Beide wuchsen in Indonesien auf. Oft sehen sich die beiden nicht. Das Treffen ist emotional. Gola wirkt dennoch gefasst und bestimmt. Trotz einer anstrengenden Tour mit vielen Shows freut er sich auf die anstehende hier in der Schweiz. Ich erfahre, dass sich Gola für das Konzert in Zürich auf eine Zusammenarbeit mit dem Zürcher Modelabel «Sports-Club» eingelassen hat. In der Halle oben läuft der Verkauf dieser zeitgleich auf Hochtouren. Die limitierten Pieces sind noch am selben Abend alle ausverkauft.

Gola erzählt mir, dass das Album «on the run» zwischen Österreich und Deutschland, in Wien und Berlin, bei Homerecordings, in Hotelzimmern oder bei traditionellen Aufnahmesitzungen in grossen Studios entstanden ist. Und so klingt die Platte auch: wie ein Roadmovie. Mit Filmriss. Exzess in Bewegung. Mit seiner einzigartig vernebelten, traumartig-kühlen Stimme rappt Gola über schmetternde Beats, die sich scharf wie Stahlklingen in die Melodien schneiden. Wie Schlaglöcher auf der Strasse. Doch man spürt sie kaum. Denn beim Hören des Albums fühlt man sich, als sässe man in einem perfekt gefederten Ford Escalade. Man nimmt die Strasse unter seinen Reifen kaum wahr.

Halb neun. Ich stelle mich mit Golas Entourage zur Bar. Die Show beginnt. Vor dem Exil stehen immer noch Leute, die auf ein Ticket hoffen. Es ist heiss und eng. Die Energie: explosiv. Das eher junge, aber sehr durchmischte Publikum singt mit, bildet Moshpits und hat eine gute Zeit. Nicht alle haben zwei davon, aber als Gola seine zwei Hits «wya?» und «2 Handys» miteinander mischt, zücken alle ihr Smartphone und filmen. Gola bietet rund zwei Stunden volle Unterhaltung. Die Texte sitzen, sein Flow und seine Melodien auch. On point. Ich fühle mich lebendig, gebe mir die volle «Experience». Nochmal wie früher.

Gemeinsam mit Basobeats, Tamino404, Nibo, Stoopid Lou, nilly, tommy gun, Wizzle, t0biturnup und Stickle hat Gola Gianni einen Sound entwickelt, den ich zwar kenne und einordnen kann (Trap), dennoch aber in dieser melodischen Form zuvor noch nie gehört habe. Das Soundbild beeindruckt mich. Und zeigt mir, dass sich Deutschrap verändern kann. Golas Konzertauftritt spricht Bände von dieser Transformation. Gola ist im deutschsprachigen Raum nicht mehr nur Next up. Er ist ein Trap-Star geworden. Ca. 400’000 monatliche Hörer:innen auf Spotify bestätigen dies.

19. Januar 2025

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