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Erinnerungen auf Foto

Erinnerungen – wie und wo wir sie wahrnehmen

Erinnerungen. Wir alle haben sie. Manche sind weniger schön, als andere, dennoch machen sie uns zu dem, wer wir sind. Denn ohne Erinnerung wären wir nicht halb so schlau und interessant. Auch helfen sie uns dem Alltag zu entkommen, in dem wir uns an Zeiten erinnern, die einst waren. Doch wie funktionieren Erinnerung eigentlich und wieso können sich nicht alle an Erlebtes gleich erinnern?

Von Vanessa Votta

Erinnerungen an Zeiten, die besser scheinen. Erinnerungen an Erlebtes, das lieber verdrängt wird. Erinnerungen an eine geliebte Person. Erinnerungen an Momente, die uns durch und durch lebendig und glücklich machen. Erinnerungen sind so verschieden, wie die Personen, die sie in sich tragen. Jede noch so kleine davon formt uns.

Nicht jede:r erinnert sich an dieselben Dinge. Was für die einen prägend war, schafft es bei den anderen nicht mal einen Platz im Gedächtnis zu ergattern. Das hat mehrere Gründe. Unser Gehirn speichert nonstop Informationen: verbale, sichtbare, sensorische aber auch imaginäre. Wir dürfen unserem Gehirn nicht immer ganz vertrauen, denn oftmals vermischen wir das Erlebte und schaffen so Erinnerungen, die es in dieser Form gar nie gegeben hat. Auch vermischen wir oft wichtige Ereignisse mit eher unwichtigen Nebenerinnerungen. Eine unscheinbare Begegnung kann sich in unserem Gedächtnis schnell mit einem bedeutsamen Ereignis zusammentun. Diese Erinnerung kann nun ein Leben lang in dieser Konstellation in unserem Gedächtnis gespeichert bleiben. Dadurch sind Erinnerung von Person zu Person unterschiedlich, auch wenn alle genau dasselbe erlebt haben. Zudem erscheint nicht jeder/jedem einen Moment gleich wichtig, was zur Folge hat, dass man dem Ereignis keine weiteren Gedanken schenkt und es so schnell vergessen geht. Aber auch die Stimmung kann Erinnerungen verzerren. Wer gerade überglücklich ist dem/der erscheint die Vergangenheit gar nicht so schlecht im Gegensatz zu allen, die sich im Moment nicht so toll fühlen.

Wie oft gibt es auch Unterschiede beim Geschlecht. Frauen und Männer nutzen unterschiedliche Hirnregionen, um sich zu erinnern und können unterschiedliche Erinnerungen besser im Gedächtnis behalten. Agneta Herlitz und ihr Forschungsteam des schwedischen «Karolinska Institutet» haben herausgefunden, dass Frauen sich leichter an verbale Informationen erinnern können; also Wörter, Texte oder Sätze aber auch Gegenstände oder wo diese abgelegt worden sind. Auch ist es für Frauen einfacher sich an Gesichter und Gerüche zu erinnern. Männer hingegen schneiden in räumlicher Orientierung besser ab. Das bedeutet, sie können sich einen Weg von einem Ort zum anderen besser merken. Wieso es solche Unterschiede gibt, ist bis heute aber noch zu wenig erforscht. 

Werden alle Erinnerungen am gleichen Ort gespeichert, und was passiert eigentlich mit ihnen? Erinnerungen werden nicht alle im selben Bereich gespeichert und abgerufen. Das semantische Gedächtnis ist zuständig für alles, das wir bewusst wahrgenommen oder gelernt haben. Sprich; Momente von Bedeutung, auswendig Gelerntes für einen Test oder einfach unser Allgemeinwissen. Im episodischen Gedächtnis, auch autobiografisches Gedächtnis, werden Ereignisse gespeichert, die uns persönlich unmittelbar betroffen haben. Sei es der erste Kuss oder die letzte Geburtstagsfeier. Das episodische und semantische Gedächtnis bilden zusammen das deklarative Gedächtnis, welches zum Langzeitgedächtnis gehört. Wir nennen diese Kombination auch Wissensgedächtnis.

Das prozedurale Gedächtnis hingegen speichert unsere automatisierten Handlungsabläufe und lässt sich schwieriger formen, da es viel mehr Zeit in Anspruch nimmt. Hier wird beispielsweise das Erlernen eines Instruments gespeichert oder das Lernen der Gangschaltung eines Autos. Das sind Dinge, die wir mit der Zeit ganz automatisch und ohne viel nachzudenken ausführen können. Es sind auch Tasks und Erinnerungen, die wir so schnell nicht vergessen im Gegensatz zu allem, das wir im semantisches Gedächtnis speichern, denn das kann ohne Auffrischung nicht lange überleben.

Das perzeptuale Gedächtnis benötigen wir wenn wir uns an alte Muster erinnern. Das kann von einer Melodie bis zu dem Gesicht einer Person reichen. Wenn sich dieses Muster mal ins Gedächtnis gebrannt hat, dann vergessen wir es selten – auch wenn sich beispielsweise die Person über die Jahre enorm verändert hat oder die Melodie in einem komplett anderen Kontext gebraucht wird.

Wenn wir uns erinnern, dann arbeiten unterschiedliche Teile unseres Gehirns zusammen. Während der Wahrnehmung einer Erinnerung werden die Nervenaktivitäten zwischen den medialen Temporallappen und der Grosshirnrinden synchronisiert.

Die ganze Forschung zum Gedächtnis und den Erinnerung ist enorm. Wir könnten jetzt noch viel tiefer in die Materie eindringen, doch dann wird es für viele wahrscheinlich doch ein wenig zu kompliziert, was das Gelesene dann unwichtiger macht und wir uns schlechter daran erinnern können.

Das Gedächtnis ist und bleibt ein zentraler Bestandteil unseres Seins und mit ihm auch unsere Erinnerungen. Viele Fragen rund um Erinnerungen und unser Gedächtnis sind bis heute immer noch unerforscht und bilden eines der grössten Mysterien. 

23. November 2021

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