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Kompetenz und Schönheit am Beispiel Enissa Amani

«Hübsche» Frauen haben es besonders schwer wenn es darum geht, als versiert wahrgenommen und respektiert zu werden. Die Art und Weise wie Frauen wichtige Themen auf den Tisch legen und auftreten, wird gerne heftig kommentiert – anders als bei ihren männlichen Gegenübern. Wie Enissa Amani einer Welt voller Vorurteile die Stirn bietet.

Von Sina Schmid

Beginnen wir mit einer kleinen Anekdote: Amal Clooney, britisch-libanesische Anwältin, Powerfrau vom Dienst. Auch sie ist wie Amani der Inbegriff von Beauty und Brains, obwohl das eigentlich nicht von Relevanz sein sollte, denn Brains ist das, was die Damen wirklich ausmacht.

Jedenfalls wird Frau Clooney oft darauf reduziert «den ewigen Single zum Ehemann gemacht zu haben». Es ist ja eigentlich offensichtlich, dass sie der Catch ist und nicht umgekehrt. Sie die in Den Haag Kriegsopfer verteidigte, verschiedene politisch Verfolgte vertritt, ultra kompetent ist und unter anderem die UN berät. Trotzdem entschied sich Clooney dafür, während der Arbeit ihren Verlobungsring nicht zu tragen.

Vielleicht kann man sich an dieser Stelle fragen, was das denn mit der Wahrnehmung von Frauen in wichtigen, politischen oder allgemein hohen öffentlichen Positionen zu tun hat. Clooney war vermehrt aufgefallen, dass sich ihre Gegenüber mehr auf ihr Äusseres, wie auch den riesen Klunker, konzentrierten, statt auf sie und ihre Aussagen. Somit fühlte sie sich gezwungen, der Kompetenz und Ernsthaftigkeit ihrer Arbeit halber, etwas Persönliches zu entfernen, um nicht einfach als Objekt wahrgenommen zu werden. Irgendwie traurig, denn genau das machen nämlich viele Frauen, gezwungenermassen. Angela Merkel ihnen voraus: Die Bundeskanzlerin veränderte ihren Look seit Jahren nicht, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf Irrelevantes zu ziehen. Geklappt hat es trotzdem nicht immer. Statt ihrer Politik werden zu oft ihre Hosenanzüge und ihre Frisur diskutiert. Es scheint auch unsere Vorstellung zu sprengen, dass Frau Kosmetik mag und sich dennoch politisch gerne engagiert. Man ist entweder schön oder klug, nicht beides.

Unsere Gesellschaft kann diese Vorstellungen nicht vereinen, Intelligenz und Intellekt, Kompetenz und Wissen mit Weiblichkeit, Schönheit und Selbstbewusstsein. Frauen werden auch schneller als arrogant kritisiert, wo man bei Männern eher Worte wie selbstbewusst oder bestimmt zur Beschreibung verwendet.

Nach diesem Exkurs beschäftigen wir uns mit einer anderen tollen Frau: Enissa Amani.

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Die Deutsche mit iranischem Migrationsvordergrund betreibt seit Jahren Aufklärungsarbeit auf eigene Faust – und sie sieht verdammt gut aus. Als junges Kind musste sie wegen der politischen Verfolgung ihrer Eltern aus dem Iran flüchten. Schon von klein auf beschäftigt sich Amani mit soziologischen Themen und Problemen, begann auch ein Jura Studium, welches sie jedoch abbrach, um sich auf Literaturwissenschaften zu konzentrieren.

Amani betreibt unter anderem den Podcast «Statements aus Seide», hat ein Netflix Special und ist auch sonst auf verschiedenen Plattformen unterwegs.

Erst neulich veröffentlichte sie «Die beste Instanz» als Antwort auf eine problematische Folge von «Die letzte Instanz», bei welcher fünf weisse über Rassismus diskutierten. 

Des weiteren veröffentlicht sie laufend neuen Content zu aktuellen Themen und Konflikten, dies jedoch in Zusammenarbeit mit Experten. Auch das ist bewundernswert: Amani weiss wo ihr Kompetenzbereich liegt, deshalb setzt sie sich bewusst mit Experten zusammen, um so differenzierte wie auch fachlich korrekte Informationen, statt nur ihre persönliche Meinung, zu verbreiten.

Nebst ihren akademischen Ausbildungen wurde die junge Frau auch vom Leben geschult: Flucht aus dem Iran, stetige Konfrontation mit Rassismus und Sexismus.

Reisen in Krisengebiete ermöglichten ihr zudem Einblicke in grausame Realitäten, welche den meisten verweigert werden. Auf eine interessante, kritische und dennoch eindrückliche Art und Weise bringt sie Wichtiges an besonders junge Menschen, um so einen Reiz an politischen Geschehnissen zu schaffen.

Trotz all ihrer guten Arbeit ist besonders sie von enorm viel Hate betroffen. «Wieso äusserst du dich nicht zu XY?», «Und was ist mit XY?». In ihren Insta-Kommentaren wird sie bösartig beschimpft. Primitive Aussagen gefolgt von Boshaftigkeiten – ganz schön viel für einen Menschen. DM’s wie sie ekliger nicht sein könnten. Morddrohungen und andere beängstigende Briefe. Dennoch geht Amani weiterhin ihrer Berufung nach. 

Für viele eine Inspiration, für andere ein Dorn im Auge. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund wenn es darum geht, dass eine Reise in den Iran für sie fatal sein könnte. Allgemein positioniert sich Amani ganz klar und versucht nicht, ihre Meinung hinter schönen Worten oder ihr Aussehen hinter hässlichen Klamotten zu verstecken. 

Ich persönlich schätze sie für das, was sie in Deutschland aber auch international macht. Ob nun Themen wie Palästina oder manchmal auch Dinge wie, wieso Pornos schlecht für unser Gehirn sind – Amani spricht Themen an und sorgt für Diskussionen. 

Ich bleibe gespannt was es von dieser tollen Frau noch so zu lesen und sehen gibt, und hoffe, dass wir es als Ganzes lieber früher als später schaffen, unsere Vorstellungen von Zuständigkeit und Kompetenz zu ändern.

01. Juni 2021

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