An alle Fans der Serie «Emily in Paris» (oder vielleicht bald «in Rom», obwohl sich da ja sogar Emmanuel Macron zur Wehr gesetzt hat): sorry. Ich finde, die Serie ist ein Klischee-Recyclinghof und wenn ich höre, dass Menschen extra in die französische Hauptstadt reisen, um dort die Orte aus dem Netflix-Erfolg zu besuchen, dann macht mich das wütend. Zugegeben habe ich nur ein Jahr dort gewohnt, dennoch fühle ich mich irgendwie verantwortlich, einzuschreiten. Ganz im Sinne meiner damaligen Dozentin, die uns in einem edgy Moment verkündete, das herbstlich-verregnete Paris sei ihr das Liebste, kommt also hier eine Liste für all diejenigen, die mal wieder hinwollen und etwas anderes suchen, als Ladurée-Macarons und Akkordeonklänge.
C’est parti.
matin
Den Tag beginnt man im Le Valmy, die klassisch französische Mischung aus Restaurant, Café und Bar, wo es zu jeder Tageszeit genau das richtige gibt. Am besten sitzt man draussen vor dem himmelblauen Haus am Canal Saint-Martin und beobachtet die Passant:innen. Apropos Klischees: Eine Bekannte von mir sass dort mal einem attraktiven jungen Mann gegenüber, der das gleiche Buch las wie sie, woraufhin sie ihn ansprach und ein paar schöne Dates mit ihm verbrachte. Wurde nichts – trotzdem nichts wie hin, danach Verdauungsspaziergang am Quai de Valmy entlang; wer schöne Bücher mag, legt einen Zwischenstopp bei Artazart ein. Angekommen bei République findet man das zweite Croissant des Tages bei Aux Péchés Normands.
midi
Wen der Mittagshunger packt, der findet unweit von République sein Glück bei Happy Nouilles. Diesen Laden habe ich mal zufällig entdeckt, als mich drei Freunde in Paris besuchten und wir eigentlich einen der Falafel-Imbisse in der Rue des Rosiers ansteuerten. Einen meiner Freunde überkam so schlagartig der Hunger, dass er augenblicklich etwas zwischen die Zähne bekommen musste. Und – glücklicherweise – standen wir da gerade vor dem chinesischen Restaurant. Hier gibt es handgezogene Noodles, gebraten oder als Suppe, es ist ein Traum und es gibt keinen Paris-Aufenthalt, an dem ich nicht dort essen gehe (ich habe sogar mal gefragt, ob man ihre Shirts kaufen kann. Leider nicht.)
après-midi
Zeit für eine Pause, wer am Nachmittag genug hat vom Stadtgetummel (oder das Budget erschöpft hat), hat die Wahl zwischen verschiedensten grünen Rückzugsorten. Mein Favorit ist und bleibt der Friedhof Père Lachaise, kein Geheimtipp, aber ein von wenigen Wochenendtourist*innen (abgesehen von den Fans Jim Morrisons, der dort begraben liegt) angesteuerter und wunderbar verwunschener Ort. Schön spazieren kann man aber auch im Park Buttes Chaumont oder auf der Coulée Verte, einem stillgelegten Bahngleis.
Wenn das Wetter schlecht ist, geht’s natürlich ins Museum. Wer sich an in Ölfarben festgehaltenen Heiligen/Stilleben/Musen sattgesehen hat und ungern in Glaspyramiden queut, ist in den Fotoaustellungen der Maison Européenne de la Photographie oder des Jeu de Paume am besten aufgehoben.
soir
Gut erholt kann jetzt der beste Teil des Tages kommen: Apéro. Für feinste Tapas und besten Wein geht man zu Comestibles et Marchand de vin im 18. Arrondissement. Gesättigt und mit leichtem Schwips geht die Reise weiter ins 19. zu La Gare – le Gore, einem stillgelegten Bahnhof, in dem jeden Tag Konzerte stattfinden, seit einigen Jahren gibt es auch einen Club im Keller, wo meistens Techno läuft. Das Bier kostet hier etwas mehr als in der Bar, dafür zahlt man nichts bis wenig für den Eintritt. Wem die Tapas zu wenig waren und jetzt wieder der Magen knurrt, bekommt auch noch was zu Essen am Foodtruck am Eingang. Happy dancing!
28. Oktober 2024