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Ein Festival der Opposition

Das «Internationale Frauen Film Fest» zelebriert feministisches Filmschaffen – und hat sich seinen widerständigen Charakter erhalten. Eine Momentaufnahme in Köln.  

Von Noemi Ehrat

Gemäss Europarat sind bloss 25 Prozent aller Regiepersonen Frauen. Bei Drehbuchautor:innen sind es mit 28 Prozent nicht viel mehr. Und in den Bereichen Kamera und Musik sind Frauen mit je 10 Prozent sogar noch stärker untervertreten. Diese mangelnde Repräsentation spiegelt sich bei der Programmierung von Filmfestivals und der Verleihung von Filmpreisen wider: So wurden an der diesjährigen Berlinale Filme von 83 Regisseurinnen und 5 nichtbinären Regisseur:innen gezeigt, was insgesamt 41 Prozent entspricht. Seit 1956 wurde der «Goldene Bär» dabei gerade mal von sieben Filmen gewonnen, die von Frauen gedreht waren – das wären 10 Prozent.

Genau hier setzen feministische Filmfestivals an. Eines der weltweit grössten ist das «Internationale Frauen Film Fest» (IFFF), das abwechselnd in Köln und in Dortmund durchgeführt wird. Im diesjährigen Programm in Köln: Horrorfilme, Videoinstallationen, Filme von Finnland bis Kamerun und von 1899 bis heute. «Im Mainstream werden Frauen diskriminiert», hält Festivalleiterin Maxa Zoller fest. Die Preise, die das IFFF verleiht, sind denn auch nicht spezifisch, sondern klassische Preise, etwa für einen Debüt-Spielfilm oder für Bildgestaltung. Nur, dass sie eben einer Frau verliehen werden. 

Neben dem klassischen Festivalcharakter mit Panels, Parties und Podien ist der ursprüngliche Grassroots-Spirit erhalten geblieben. Entstanden ist das IFFF nämlich 2006 aus den Festivals «Feminale», das 1983 von Studentinnen in Köln gegründet wurde, und der «Femme Totale», die 1986 in Dortmund begonnen wurde. So wurde im Rahmen des diesjährigen Festivals ein Workshop zu Queeren Home Movies angeboten und in einer eigenen Sektion Filme aus dem Archiv gezeigt – Film von Frauen wird hier also in allen seinen Formen zelebriert. Dies soll auch so bleiben. «Ich will für künftige Festivals noch mehr Risiken eingehen und selbst Filme ins Programm holen, die unseren Ansprüchen nicht entsprechen», so Zoller. Filme, die aber eine Dringlichkeit und Relevanz hätten und somit gezeigt werden müssten.

Diese Dringlichkeit schloss am diesjährigen Festival sowohl Pratibha Parmars «A Place of Rage» von 1991 über Angela Davis, June Jordan und Alice Walker wie auch Jana Bauchs Dokumentarfilm «was brennt» über die Besetzung von Lüzerath oder Aslı Özarslans Spielfilmdebüt «Ellbogen» über den von einer jungen Deutschtürkin erlebten Alltagsrassismus von diesem Jahr mit ein. Letzterer wurde mit dem Preis für das beste Spielfilmdebüt ausgezeichnet. So viele verschiedene feministische und filmische Positionen sind leider immer noch ungewöhnlich – und dadurch umso notwendiger. 

Mit 170 eingereichten Debütspielfilmen wurde dieses Jahr ein Rekord erreicht. «Es gibt mehr Produktionen von Frauen und es ist nochmals selbstverständlicher geworden, dass Frauen Spielfilme machen», sagt Festivalleiterin Zoller dazu. Wird es also in naher Zukunft keine Festivals spezifisch für Frauen mehr brauchen? Darauf hat Zoller eine klare Antwort: «Wir müssen feministisch sein. Und unsere Position ist es, dass das Festival in Opposition bleibt». Die Frage beantwortet hat auch das Programm des diesjährigen Filmfestivals in Cannes: Dort stehen nämlich nur vier Filme von Regisseurinnen in Konkurrenz mit 15 Filmen von Regisseuren um die «Palme d’Or».

24. April 2024

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