Projekt und Bilder von Ronald Pizzoferrato, Text von Professor Andres Antillano
Eine alte Weisheit der Bergleute besagt, dass das Gold dem Teufel gehört und deshalb für teuflische Dinge ausgegeben werden muss, wie Rausch, Alkohol und Frauen. Andernfalls, so die Legende, würde der misstrauische Teufel die besten Adern vor einem zu geizigen Sucher verbergen. Gold belohnt ausschweifenden Konsum und unermesslichen Reichtum. Diese Verbindung zwischen Gold, dem Teufel und ungebremstem Konsum wurde unter anderem von Michael Taussig beschrieben. In seinem frivolen Glanz, seinem fehlenden Gebrauchswert und seinem exorbitanten Tauschwert verkörpert Gold das ultimative Warenfetisch. Es steht für etwas, das keinen eigenen Wert besitzt, aber alles kaufen kann – oder das nur durch die Ausbeutung und das Leben der Bergleute, die es in den mephistophelischen Tiefen der Erde suchen, Wert erhält. Daher seine diabolische Aura.




Am 24. Februar 2016 wurde inmitten heftiger Kontroversen und scharfer Kritik das Orinoco-Bergbaugebiet beschlossen – eine Region von mehr als 112.000 km², die der Gewinnung von Mineralien wie Diamanten, Coltan, Eisen, Bauxit und insbesondere Gold gewidmet ist. Dieses riesige Gebiet, das etwa 12 % des venezolanischen Territoriums umfasst, ist von tropischem Regenwald im Süden des Orinoco-Flusses bedeckt. Die Ankündigung der grossflächigen Ausbeutung dieser isolierten und ökologisch empfindlichen Zone fiel mit dem Rückgang der Ölrente zusammen, die das Wachstum der venezolanischen Wirtschaft in den beiden vorhergehenden Jahrzehnten finanziert hatte. Diese wiederkehrenden Zyklen von Rausch und «Entzugssyndrom“, wenn die Einnahmen aus dem Ölsektor sinken, erklären zu einem grossen Teil die politischen Konflikte im modernen Venezuela. Die geschätzten Goldreserven im Orinoco-Bergbaugebiet belaufen sich auf etwa achttausend Tonnen.


Die Bergbauausbeutung dieser Zone reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Gold an den Ufern des Yuruari-Flusses entdeckt wurde, was in der heutigen Stadt El Callao eine regelrechte Goldfieberwelle auslöste, die mit Höhen und Tiefen bis heute anhält. Bereits seit dem 16. Jahrhundert wurde jedoch die Fantasie der Konquistadoren von der Vorstellung an fantastische Reichtümer und endloses Gold beflügelt, das denjenigen gehören sollte, die den Willen besassen, es sich anzueignen. Der Mythos von Eldorado, der die Eroberung und Plünderung des gesamten Kontinents begleitete, fand hier in der mythischen Stadt Manoa, die Walter Raleigh verzauberte, seine Materialisierung. Seit den Anfängen der Goldgewinnung zog der Bergbau grosse nationale und internationale Kapitalgeber an, die durch Konzessionen begünstigt wurden, die von verschiedenen Regierungen zu vorteilhaften Bedingungen vergeben wurden. Die meisten Gebiete, die heute von handwerklichen Bergleuten ausgebeutet werden und als Beweis für die Umweltzerstörung des Kleinbergbaus angeführt werden, waren in Wahrheit bis vor kurzem Minen, die von grossen multinationalen Konzernen betrieben wurden.

Obwohl die ursprünglichen Pläne für das Orinoco-Bergbaugebiet auf den grossen Bergbau ausgerichtet waren, wird die Goldgewinnung in der Praxis hauptsächlich von handwerklichen Bergleuten mit primitiven Methoden durchgeführt, die nur geringe Erträge bringen und meist am Rande der Legalität operieren. Die gleichen Bedingungen, die den Staat dazu brachten, in der Goldgewinnung eine Alternative zum Rückgang der Öleinnahmen zu suchen, zwangen auch Tausende von verarmten Stadtbewohnern, ihr Überleben im Gold zu suchen – trotz Gefahren und Entbehrungen. Der Kleinbergbau existiert unter extremen Bedingungen, in denen der Körper des Minenarbeiters das Hauptarbeitsinstrument ist und somit ständig höchster Belastung ausgesetzt ist. In diesem unsicheren und gefährlichen Umfeld gedeihen bewaffnete Gruppen, die Schutz und Sicherheit im Austausch gegen Erpressung und Aneignung des mühsam gewonnenen Goldes bieten.




Allerdings gibt es keine klare Trennung zwischen Illegalität und Legalität, zwischen formellen und informellen Operationen oder zwischen Kleinbergbau und grossem Kapital. Der grosse Bergbau verdankt seine riesigen Gewinne der Ausbeutung und Enteignung der Kleinbergleute, wobei kriminelle Banden eine entscheidende Rolle bei der Disziplinierung und Regulierung der illegalen Bergarbeiter spielen. Aufgrund der rudimentären Techniken des Kleinbergbaus werden nur etwa 30 % des gewonnenen Goldes tatsächlich extrahiert, während die verbleibenden 70 % von Verarbeitungsanlagen angeeignet werden, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden. Die harte und gefährliche Arbeit bleibt dem Bergmann überlassen; die Gewinne fliessen an die grosse Bergbauindustrie.

Das Leben in der Mine unterscheidet sich kaum von dem in irgendeinem Dorf oder armen Stadtviertel. Es gibt Bars, in denen sich Männer treffen, Läden, die Grundbedarfsartikel verkaufen, und Scharen von Kindern, die durch die staubigen Strassen rennen. Der Unterschied liegt unter der Erde, in den dunklen Stollen, in denen die Bergleute ihr Leben für die flüchtige Hoffnung auf Gold riskieren. Und an der Oberfläche, im Austauschhandel: Während Gold anderswo selten im Alltagsleben der Armen auftaucht, ist es hier allgegenwärtig. Es dient als Zahlungsmittel, als Wertaufbewahrungsmittel und als Rechnungseinheit. Produkte und Dienstleistungen werden in Gold bewertet, und Schulden werden in Gold beglichen. Die Zukunft des Bergmanns, so ungewiss und dunkel sie auch sein mag, scheint golden.



David Graeber weist darauf hin, dass Dinge, die als Währung verwendet werden, oft auch als Schmuck dienen. Gold, das die Reichen schmückt und ein Symbol der Mächtigen ist, wird für diese verarmten Minengemeinschaften zum alltäglichen Zahlungsmittel. Paradoxerweise ist es zugleich ein Symbol der Armut und des Ausschlusses vom Reichtum, der ihnen genommen wird, und von der Macht, die auf ihre Kosten gedeiht.
Dieser Beitrag wurde finanziell durch den Medienfonds «real21 – die Welt verstehen» unterstützt.
04. April 2025