Von Feinden zu Geliebten: A tale as old as time. Die zwei grössten Konkurrentinnen im Schweizer Banking finden nach dramatischen Wendungen zusammen. Doch die Fusion ist keine lange und ausführlich geplante Zusammenfindung. Es handelt sich um eine Notlösung. Am Sonntag, 19. März 2023 informierte der Bundesrat, dass die UBS die CS kauft, dies weit unter Wert. Am Freitag zuvor sind die CS Aktien auf ein Allzeittief gefallen.
In den Wochen zuvor meldeten bereits drei US-amerikanische Banken ihren Konkurs an. Um die CS stand es seit einiger Zeit nicht gut, Skandale und somit fehlendes Vertrauen in die Bank liessen die Aktien fallen. Gekoppelt mit Unsicherheiten in der internationalen Finanzwelt liess dies nichts Gutes verheissen. Das Resultat: Angst und Schrecken vor dem Wochenende.
Die CS ist, oder besser gesagt war, nebst der UBS die zweitgrösste Bank der Schweiz. Nicht nur in punkto Kund:innen, sondern auch Arbeitnehmenden reden wir von sehr vielen Menschen und hohen Geldsummen. Die UBS und Credit Suisse zähl(t)en zu den international tätigen systemrelevanten Banken der Schweiz, die ZKB, Raiffeisen, PostFinance zu den inland-orientierten systemrelevanten Banken.
Doch was heisst das genau, systemrelevant?
Laut FINMA (Eidgenössische Finanzmarktaufsicht) gelten Bankengruppen und Banken dann als systemrelevant, «wenn ihr Ausfall die Schweizer Volkswirtschaft und das schweizerische Finanzsystem erheblich schädigen würde». Auch als too big to fail beschrieben, handelt es sich bei diesen Institutionen um Giganten. Die Auswirkungen eines Ausfalles sind gar nicht messbar, aber gewiss gravierend und auf alle Fälle zu verhindern.
Dieser Ausfall sollte durch den Kauf der CS durch die UBS verhindert werden. Doch ein wichtiger Punkt darf bei dieser Aussage nicht aussenvor gelassen werden: Während der Finanzkrise 2008 stand genau die Käuferin UBS kurz vor dem Ruin. Mit einem Hilfsplan zur Rettung der UBS wurde dies verhindert. Der Bund beteiligte sich mit 6 Milliarden Franken an der Wiederherstellung der Eigenmittel, die SNB durch einen Kredit der US-Notenbank mit 54 Milliarden US-Dollar. Schlussendlich verdiente der Bund an diesem Geschäft 1,2 Milliarden Franken.
Nach den Ereignissen 2008 wurde kein Aufwand geschürt, um eine erneute Rettung einer systemrelevanten Bank hinfällig zu machen. Gesetze und Regulierungen sollten eine ähnlich brenzlige Situation frühzeitig verhindern. Wie wir nun gemerkt haben; ohne Erfolg.
Viele Schweizer:innen fühlen sich verarscht. Es wiederholte sich die Vergangenheit, was das Vertrauen in Bundesrat und Arbeitsgruppen schwinden lässt. Die Folgen werden schlussendlich von den Kund:innen und letztendlich von Steuerzahlenden getragen.
Zwar kursieren zurzeit Gerüchte, dass Steuergelder zum Kauf der CS benötigt wurden. Dies stimmt jedoch nicht ganz. Bei den 9 Milliarden Franken handelt es sich um eine Bundesgarantie. Diese wird erst beansprucht, sollten die Verluste der UBS durch den Kauf der CS 5 Milliarden Franken überschreiten. Ob dies je eintrifft, ist noch ungewiss.
Auch bestätigte die CS kurz vor dem Kauf durch die UBS den Mitarbeitenden, dass Boni-Zahlungen dennoch pünktlich ausgezahlt werden sollen. Diese Aussage löste bei vielen Schweizer:innen Unmut aus: Steuergelder in Form einer Bundesgarantie sollen den Kauf absichern, aber die reichen Banker sollen weiterhin ihre Boni in Milliardenhöhe ausbezahlt bekommen? Die CS hat jedoch das Schweizer Bankengesetz bei dieser Meldung an die Mitarbeitenden aussenvorgelassen. Der Bundesrat sistierte nämlich heute Boni-Auszahlungen für Kader der Credit Suisse. Der Bundesrat lässt jedoch davon ab, bereits zugesicherte Vergütungen rückwirkend zu verbieten. Somit soll verhindert werden, dass Mitarbeitende welche die Krise nicht selbst verursacht haben verschont werden.
Dennoch birgt dieser Kauf Nachteile, welche nicht nur die Oberschicht der Schweiz treffen. Beispielsweise verändert der Kauf die Dynamiken unserer Marktwirtschaft enorm. Nebst dem Klumpen Risiko, welche diese neue Mega-Bank mit sich bringt, nimmt der Wettbewerb ab. Der Wettbewerb hält Preise tief, davon profitieren alle Kund:innen. Durch diesen Einschnitt bleibt ungewiss, wie sich Kosten, welche Kund:innen tragen, verändern werden.
Zusätzlich wirft der Kauf Fragen auf: Wie können wir sicherstellen, dass ähnliche Probleme in Zukunft nicht mehr vorkommen, wenn es Bund und Finanzwelt auch nach 15-jähriger Planungszeit nicht geschafft haben?
Ein neuer Artikel der Financial Times, eine der renomniertesten Magazine der Finanzwelt mit sehr guten Quellen und dem Ruf, stets faktisch korrekt zu berichten, warf am Montag ein neues Licht auf die Geschehnisse der letzten Woche. Angeblich soll bereits am Mittwoch, 15. März 2023, also fast 5 Tage vor dem Kauf, klar gewesen sein, dass es zu dieser Übernahme kommen würde. Diese neue Entwicklung wirft weitere Fragen auf, denn angeblich solle Bundesrätin Karin Keller-Sutter unter starkem Druck seitens USA und Frankreich gestanden haben. Des Weiteren zweifeln nun verschiedene Expert:innen an der Vorangehensweise von Bund, FINMA und SNB. Wurden überhaupt andere Optionen in Erwägung gezogen, oder war der Kauf ein Done-Deal bevor es erst am Sonntag zum Deal kam? In wessen Interesse handelten Bund und SNB? Wurden Anläger:innen sowie Schweizer:innen zu lange im Dunkeln gelassen? Wie legitim war es, Notrecht auszurufen, und Aktionär:innen bei der Entscheidung zum Kauf nicht einzubeziehen?
Das Echo des Kaufes wird noch lange nachhallen. Wie sich die Lage weiterentwickelt ist ungewiss. Was jedoch klar scheint, ist die Dringlichkeit der Rettung. Dennoch ist den meisten klar; auch wenn dieser Kauf nicht die beste Lösung sein sollte, war es wahrscheinlich eine der einzigen, um eine noch grössere Katastrophe zu verhindern.
21. März 2023
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