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Augen auf

Die Schweiz: heile Welt. Unsere Demokratie: ein Paradebeispiel. Doch die schöne Fassade ist fragiler, als wir meinen. Wenn sie bröckelt, wird das blinde Vertrauen zum blinden Fleck.

Von Carla Reinhard

Wir sind stolz auf unser politisches System. Eine grossartige Demokratie – erst noch eine direkte! Kein Wunder, wird sie weltweit als Vorbild gesehen. Was wir mit geschwellter Brust vergessen: Eine Demokratie ist ein fragiles System. Eines, das viel Aufmerksamkeit und funktionierende Kontrollmechanismen benötigt. 

Wieso uns das jetzt auffällt? Weil das Terrorgesetz, über das wir am 13. Juni abstimmen, einen solchen Kontrollmechanismus angreift. Eigentlich gewährleistet nämlich die Gewaltenteilung, dass sich die Regierung, das Parlament und das Gericht gegenseitig auf die Finger schauen. Nur: Beim sogenannten PMT brauchen präventive Polizeimassnahmen keine richterliche Kontrolle mehr. Ausserdem kann einem schon die Teilnahme an einer Demo als Gefährder*in einstufen.

Naja, sagt ihr jetzt, in der Schweiz würde ein solches Gesetz aber sicher nur sehr verantwortungsvoll eingesetzt werden. Für echte Terrorist*innen eben – schliesslich leben wir in einer vorbildlichen Demokratie. So klar ist das leider nicht. Gerade diese Woche wurde bekannt, dass mehrstündige Hausdurchsuchungen bei Klimaaktivist*innen bewilligt wurden – und zwar von ganz oben aus dem Bundesrat. Der Grund: Ein offener Brief, der dazu aufrief, aus Rücksicht aufs Klima nicht ins Militär zu gehen oder Dienstpflichtersatz zu zahlen. Das Beispiel zeigt, wie schnell die Polizei eingreifen kann – und tatsächlich eingreift. Auch in der perfekten Schweiz.

Das Problem mit Demokratieangriffen: Sie sind oft sehr subtil. Ein gefährlich gutes Beispiel? Österreich. Dort sägt Kanzler Kurz schon seit einiger Zeit im Hintergrund an den vier wichtigen Pfeilern: Medien, Parlament, Regierung und Justiz. Möglichst viel Kontrolle über alle vier erleichtern die Arbeit eben ungemein.

Je subtiler die Veränderungen sind, desto aufmerksamer müssen wir sein. Auch in der Schweiz sind Medienfreiheit und richterliche Kontrolle nicht für immer in Stein gemeisselt. Das heisst: Nicht blenden lassen vom bisher gut geölten System. Drehen die Kontrollrädchen nämlich nicht mehr, gerät die Demokratie erschreckend schnell ins Wanken. Die Verlierer*innen? Wir.

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